Offene Fragen beim Umstieg aufs Elektroauto
Berlin (dpa/tmn) - Komplizierte Formeln und fehlende Klassifizierungen - beim Elektroauto gibt es noch offene Fragen. Immerhin: Nicht nur Hersteller sagen, dass auch Hochspannungsfahrzeuge crashsicher sind.
Letzte Antworten wird der Alltag bringen.
Kaum ein Autobauer kommt derzeit an dem Thema Elektromobilität vorbei. Großserienhersteller bieten mittlerweile erste reine Elektroautos an. Das kann als Indiz dafür gesehen werden kann, dass Batterie-Fahrzeuge so langsam aus ihrer Nische herausfahren. Noch sind die Stückzahlen klein, die Lieferfristen lang und die Preise hoch. Wer all das akzeptiert, kann dennoch nicht gleich durchstarten. Denn die Fahrzeuge müssen erst ihren Weg durch den Papier- und Paragraphendschungel finden.
So gibt es noch regelrecht unbeschrittene Pfade. Beispiel Kfz-Steuer: Der Steuerrechner auf der Internetseite des Bundesfinanzministeriums etwa kennt bislang nur Benziner oder Diesel. Theoretisch hat die Behörde noch Zeit für das Update. Denn für die ersten fünf Jahre sind Halter eines E-Autos komplett befreit, sagt Gerd Lottsiepen, Pressesprecher des Automobilclubs VCD in Berlin.
Wie hoch die Steuer danach ist, lässt sich nur aus einer komplizierten Formel ableiten. Laut Lottsiepen orientiert sich der Tarif für E-Autos an der Steuertabelle für leichte Nutzfahrzeuge, gewährt aber einen Bonus von 50 Prozent. Gerechnet wird dabei nicht mit Hubraum, sondern mit zulässigem Gesamtgewicht. „Für einen vergleichsweise leichten Elektro-Pkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von einer Tonne wären dann 56,25 Euro jährlich zu entrichten.“ Für ein Kompaktauto wären es rund 100 Euro.
Auch beim Thema Versicherung sind einige Fragen noch nicht beantwortet. Da bisher kaum Elektrofahrzeuge unterwegs sind, fehlt schlicht der Erfahrungsschatz, um sie in Typklassen einzustufen. Severin Moser von der Allianz-Versicherung in München erläutert: „Für alle Pkw ist die Typklasse die Grundlage für die Versicherungseinstufung. Sie basiert auf der Schadensstatistik des jeweiligen Fahrzeugmodells und berücksichtigt die reale Unfallhäufigkeit sowie die Höhe der danach fälligen Reparaturkosten.“ Wie bei neuen Modellen mit konventionellen Antrieben auch müssen die Versicherungen anhand von Crashversuchen und Vergleichsmodellen hochrechnen. Für den Peugeot iOn und den E-Smart sind mittlerweile die Typklassen auf diese Weise festgelegt.
Doch eine Entlastung des Versicherungsnehmers zeichnet sich ab: So gewährt der ADAC bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben gegenüber Diesel und Benzinern einen Rabatt von zehn Prozent. Auch der VCD vermittelt laut Lottsiepen spezielle Sondertarife. Aber die meisten Pioniere am Steuer eines Elektrofahrzeugs müssen Versicherungsfragen derzeit ohnehin noch nicht bekümmern: Weil es viele der Batterie-Autos bislang nur im Leasing oder als Leihgabe im Rahmen von Flottentests gibt, ist dies Sache von Hersteller oder Importeur.
Interessenten eines E-Autos treibt derzeit auch die Frage nach der Sicherheit dieser Fahrzeuge um. Ist die Hochspannung an Bord nicht ein Risiko - vor allem bei Unfällen? Die Hersteller versuchen da jeden Zweifel zu zerstreuen. Teils werden die Fahrzeuge in groß angelegten Tests durch knietiefe Pfützen geschickt, allein um die Stromschlaggefahr zu widerlegen. Dem Mitsubishi i-Miev etwa attestierte auch der ADAC nach einem Crashtest „trotz Leichtbauweise und Hochspannung gute Insassensicherheit“.
Nachteile gegenüber herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen haben Halter von Batterie-Fahrzeugen jedoch in der Werkstatt. Denn noch ist nicht jede Vertragswerkstatt auf die neue Technik eingestellt. Bei Mitsubishi zum Beispiel werden die Mechaniker erst nach und nach geschult, räumt Pressesprecher Helmut Bauer ein.
In Vorbereitung auf den zu erwartenden Anteil von alternativ angetriebenen Fahrzeugen bereiten sich auch Pannendienste vor. „Wir haben bis letzten Dezember unsere 1700 Mitarbeiter der Straßenwacht geschult, damit sie Hand an die bis zu 400 Volt starke Technik legen dürfen“, sagt ADAC-Pressesprecher Christian Buric.
Schon im vergangenen Jahr gab es laut ADAC-Statistik 1100 Pannen mit E- und Hybridfahrzeugen. Noch sind das verschwindend wenige gegenüber den jährlich rund vier Millionen Pannenfällen bei konventionellen Autos, die der ADAC gezählt hat. Dagegen ist die Erfolgsquote hoch: 94 Prozent der Stromautos konnten nach der Pannenhilfe weiter fahren - gegenüber durchschnittlich 84 Prozent bei Benzinern und Diesel.
Ob Elektroautos sich insgesamt als weniger anfällig herausstellen, muss abgewartet werden. An einem spezifischen Problem wird immerhin schon eifrig gearbeitet: Im internationalen Verbund sucht der ADAC nach einem Gerät zur mobilen Schnellladung. Gerd Preuß vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg sagt: „Dann hätten wir selbst für Elektroautos eine Art Reservekanister.“