Punkte tilgen - Reform führt zu Ansturm auf Fahrschulen
Hamburg (dpa) - Verkehrssündern bleiben nur noch wenige Tage, um mit Seminaren zur Regelkunde mehrere Punkte aus ihrer Flensburger Kartei zu löschen. Profitieren können davon vor allem die Fahrschulen.
Viele Fahrschulen in Deutschland haben in diesem Frühjahr eine deutlich gestiegene Nachfrage registriert. Verantwortlich für den Anstieg sind aber nicht Fahranfänger, sondern taktierende Verkehrssünder. Vor der Umstellung des Flensburger Verkehrsregisters im Mai wollen sie noch möglichst viele Punkte loswerden - ein Aufbauseminar macht's möglich. „Es hat etwa doppelt so viele Anfragen zu den Kursen für den Punkteabbau gegeben wie üblich“, sagte Gerhard von Bressensdorf, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, der Nachrichtenagentur dpa.
Ob in Bayern, Sachsen oder Hamburg: Überall gaben die Fahrlehrer mehr Seminare. „Wir haben in den letzten Wochen mindestens doppelt so viele Begleithefte verkauft wie sonst“, sagte der stellvertretende Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Nordrhein, Kurt Bartels. Sonst sei nur etwa jeder vierte Teilnehmer freiwillig zu den Aufbaukursen gekommen. Jetzt liege der Anteil deutlich höher. „Vom Lkw-Fahrer bis zum Geschäftsführer ist alles dabei“, sagte Bartels. „Es gab zuletzt deutlich mehr Kraftfahrer, die Punkte abbauen wollten“, bestätigte auch Walter Weißmann, Vorsitzender des Verbands der bayerischen Fahrlehrer.
Hintergrund des Ansturms ist die Reform des Verkehrsregisters: Nur noch bis Ende April können Verkehrssünder ihre Bescheinigungen für die alten Kurse bei den Behörden einreichen und damit bis zu vier Punkte in Flensburg wettmachen. Danach fällt der Rabatt, den die freiwilligen Schulungen bringen, auf einen Punkt. Und selbst das gilt nur für Fahrer, deren Punktestand bei maximal fünf Zählern liegt.
Die Aufbauseminare werden damit an das überarbeitete Punktesystem angepasst. Das sieht vor, dass je nach Vergehen nur noch 1 bis 3 Punkte in der Flensburger Kartei vermerkt werden statt wie bisher 1 bis 7. Dafür verlieren Autofahrer ihren Führerschein bereits mit 8 statt wie bisher mit 18 Punkten.
Der Einbau psychologischer Gespräche in die Seminare soll außerdem verhindern, dass Ungelehrige sie einfach absitzen. „Frontalunterricht wird es nicht mehr geben“, sagte Jost Kärger vom ADAC. Nicht nur der Aufwand, auch die Kosten für die Schulungen könnten steigen. Mit 400 bis 500 Euro dürfte das neue Fahreignungsseminar annähernd doppelt so viel kosten wie das bisherige. „Sinn macht der Punkteabbau daher vor allem für Fahrer, die an der Schwelle zur Ermahnung stehen.“ Diese liegt künftig bei vier Punkten.
Eine verpflichtende Teilnahme an den Aufbauseminaren für Wiederholungstäter gibt es nach der neuen Regelung nicht mehr. Und auch die freiwilligen Kurse für den Punkterabatt bleiben zunächst nur bis 2019 bestehen. Dann kommt die Reform erneut auf den Prüfstand.