Rost- und Reifen-Check: Start in Motorradsaison

Essen (dpa/tmn) - Einfach aufsatteln und Gas geben - so sollte die Motorradsaison nicht beginnen. Eine gute Vorbereitung schützt vor technischen Pannen und Unfällen. Außerdem muss manch ein Motorrad nach der langen Pause erst einmal wieder fahrtauglich gemacht werden.

Die Erinnerungen an die letzte Motorradtour vor der Winterpause sind längst verblasst. Monatelang stand die Maschine in der Garage oder unter einer Plane im Hinterhof. Ungeputzt, unbeachtet - bis zu dem Tag, an dem die Frühlingssonne die Leidenschaft fürs Motorradfahren wieder entflammt. Dann erleben viele Biker eine böse Überraschung: Das Zweirad rostet an allen Ecken. Das sieht nicht nur unschön aus. Auch der Saisonstart kann sich verzögern.

„Kritisch ist Korrosion am Rahmen oder an Schweißnähten“, warnt Michael Lenzen, Vorsitzender des Bundesverbands der Motorradfahrer (BVDM). Hat sich der Rost tief ins Metall gefressen, können diese Stellen während der Fahrt brechen. Der Experte rät: „Den Rost vorsichtig abschleifen und schauen, wie tief er geht.“ Ist nicht nur die Oberfläche befallen, steht der Besuch einer Fachwerkstatt an. Dort wird der Rahmen geprüft und bei Bedarf fachgerecht repariert.

Eine dicke Rostschicht auf der Antriebskette bedeutet in der Regel deren Lebensende: Sie müsste penibel gereinigt und nachbehandelt werden. „Das macht extrem viel Arbeit. Aufwand und Nutzen stehen dabei in keinem Verhältnis, da eine neue Kette vergleichsweise wenig kostet“, stellt Achim Kuschefski vom Institut für Zweiradsicherheit (ifz) in Essen fest. Er empfiehlt deshalb den Kettenwechsel.

Auch an unsichtbaren Stellen kann Rost zum ernsten Problem werden - etwa in einem Stahltank. Die Innenwände neigen zur Korrosion, wenn die Maschine nicht randvoll mit Sprit überwintert. „Im Fahrbetrieb kann sich Rost ablösen und die Benzinleitungen, den Vergaser oder die Einspritzanlage verstopfen“, erklärt Lenzen. Deshalb lohnt vor der ersten Frühjahrsausfahrt ein Blick mit der Taschenlampe in den Kraftstoffbehälter. Gibt es dort Anzeichen für Rost, sollte der Tank schnellstmöglich von einem Profi aufgearbeitet werden.

Das kleinste Übel ist leichter Flugrost, der sich besonders gern auf der Auspuffanlage niederlässt. Mit handelsüblicher Metallpolitur lässt er sich laut Lenzen leicht abreiben. Die Politur sollte nicht zu dünnflüssig sein und gut haften. Denn Spritzer auf benachbarten Kunststoffteilen hinterlassen oft Flecken. Auf keinen Fall darf Politur auf die Bremsscheiben geraten, weil ein Schmierfilm die Bremswirkung vermindern könnte. Rostige Bremsscheiben können einfach ignoriert werden - unterwegs werden sie von selbst wieder blank.

Solange der Rost nur den Glanz der Maschine trübt und nicht die Fahrsicherheit beeinträchtigt, bleibt es dem Biker überlassen, wann er sich darum kümmert. Ein Technik-Check kann dagegen nicht warten: Dabei ist unbedingt zu prüfen, ob alle Lampen funktionieren - vom Scheinwerfer über Blinker und Bremslicht bis hin zur Kennzeichen- und Armaturenbeleuchtung. Beim Test der Fahrzeugelektrik sollten Hupe und Notstoppschalter nicht vergessen werden.

Eine Kontrolle der Ölstände, der Bremsflüssigkeit und gegebenenfalls der Kühlflüssigkeit gehört dem ifz zufolge ebenfalls zur Frühjahrsdurchsicht. Die Bremsanlage muss natürlich einwandfrei arbeiten, die Kette gespannt und gefettet sein. Die Reifen werden nach porösen Stellen, Rissen und Beulen gründlich abgesucht. Lenzen erinnert daran, dass die Pneus mindestens die gesetzlich vorgeschriebene Profiltiefe von 1,6 Millimeter aufweisen müssen, besser aber deutlich mehr zu bieten haben.

Ist die Maschine fit für die Saison, gilt das noch lange nicht für den Fahrer. „Reaktions- und Wahrnehmungsvermögen sind nicht mehr so weit entwickelt wie am Ende der vorherigen Saison“, gibt der ADAC in München zu bedenken. Körper und Geist müssen sich erst wieder ans Motorradfahren gewöhnen. Der Club empfiehlt daher für den Anfang kurze Touren; Achim Kuschefski rät zu Trainingsrunden auf einem Parkplatz. Dort können sich Motorradfahrer gefahrlos an Schräglagen und Bremsmanöver herantasten und die Fahrzeugtechnik ein letztes Mal kontrollieren.

Gymnastikübungen zur Stärkung von Nacken, Schultern, Armen, Handgelenken, Bauch und Rücken helfen laut Lenzen, um den Körper wieder in Form fürs Motorradfahren zu bringen. Womöglich muss der ein oder andere auch etwas Winterspeck von den Hüften abtrainieren, damit die Schutzkleidung wieder passt. Vor der Anprobe wird noch geklärt, ob Helm, Handschuhe, Stiefel und Oberbekleidung unbeschädigt sind.

Einhellig betonen die Motorradexperten, es bei aller Vorfreude auf die Saison langsam angehen zu lassen. Lenzen erklärt: „Es dauert eine ganze Weile, bis die Automatismen wieder greifen und das Gefühl für die Maschine wieder da ist.“