Sieben Jahre plus Ölwechsel: Garantien auf dem Prüfstand
Berlin (dpa/tmn) - Mit Rabatten und günstigen Finanzierungen umwerben Autohändler schon lange ihre Neuwagenkunden. Zudem setzen vor allem asiatische Marken auf immer großzügigere Gratisgarantien. Experten raten, den wirklichen Nutzen dieser Versprechen zu hinterfragen.
Sieben Jahre unbeschwert Auto fahren - Kia kümmert sich um die Reparaturen bei Mängeln, wechselt das Öl und spielt sogar regelmäßig Updates aufs Navi. Mit diesem in der Branche bisher wohl einzigartigen Versprechen erregt der koreanische Hersteller seit Jahresbeginn Aufsehen. Die Reaktionen seien sehr positiv, erklärt die Kia-Pressestelle. Doch Verbraucherschützer warnen - unabhängig von einzelnen Marken - vor Euphorie bei solchen Angeboten.
Garantiepakete dürften nicht zum Spontankauf verleiten, sagt Mirko Klimas vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Einen kühlen Kopf bewahren und sich fragen: Brauche ich dieses Auto und warum?“, rät ADAC-Juristin Silvia Schattenkirchner. Entscheidend sei der wirkliche Nutzen für den Autofahrer. Vor allem müsse das Auto laut Klimas für die geplante Nutzungsdauer und den Zweck passen. Wichtiges Argument sei auch der Wiederverkaufswert. Wenn dann zwei ähnliche Angebote nebeneinanderstehen, könne die Garantie den Ausschlag geben.
Die Garantieversprechen sind ein kompliziertes Thema, bei dem Verbraucher immer genau auf die Konditionen schauen müssen, betont Automobilexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. So gilt die Kia-Garantie nur für Privatkunden, das Angebot ist bis zum 31. März 2013 befristet. Die Laufleistung für die kostenlose Wartung ist auf 105 000 Kilometer begrenzt - Vielfahrer dürften diese Grenze nach drei bis vier Jahren überschritten haben. Wartungsmaterial wie Öl, Filter und Bremsflüssigkeit sind inbegriffen, nicht aber Verschleißteile wie Bremsscheiben.
Ärger und sogar gerichtliche Auseinandersetzungen gebe es etwa immer wieder um Durchrostungsgarantien, die viele Hersteller zwölf Jahre lang übernehmen, berichtet Schattenkirchner. Gemeint ist damit nämlich zur Verblüffung vieler Autofahrer nur ein Durchrosten von innen nach außen durch Materialfehler. Reklamationen wegen äußerer Rostschäden würden oft abgeschmettert, weil ein Steinschlag die Schadensursache war oder weil der Rost nur oberflächlich blüht.
Generell ist in Deutschland eine gesetzliche Gewährleistungszeit von zwei Jahren vorgeschrieben, in der Händler für Sachmängel haften müssen. Eine Nachbesserung gilt während dieser zwei Jahre regelmäßig nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Der Käufer kann dann Kaufpreisminderung verlangen oder bei einem wesentlichen Mangel vom Kaufvertrag zurücktreten - er fährt also zwei Jahre lang auf Nummer sicher.
Diese sorgenfreie Zeit ohne Zusatzkosten deutlich zu verlängern, ist natürlich ein verlockendes Angebot der Autobauer, mit dem vor allem Einsteiger oder Unternehmen mit noch geringem Marktanteil für sich werben. Neben Kia bietet beispielsweise die größere Schwester im koreanischen Konzern, Hyundai, eine fünfjährige Garantie. Toyota steht drei Jahre für seine Neuwagen gerade (maximal 100 000 Kilometer). Alfa Romeo hat zum Jahresbeginn seine Neuwagengarantie auf vier Jahre ohne Kilometerbegrenzung erweitert. Große Marken wie Audi, VW, Ford, Mercedes und Opel geben dagegen nur die gesetzlichen zwei Jahre.
Opel geht allerdings einen neuen Weg, nachdem der Hersteller 2010 mit einer vermeintlich lebenslangen Garantie negative Schlagzeilen gemacht hatte. Das Angebot sorgte damals für scharfe Kritik der Konkurrenz, weil es eben nicht lebenslang, sondern nach Laufleistung gestaffelt und auf 160 000 Kilometer begrenzt war. 2011 kassierte Opel das kostenlose Versprechen und bietet jetzt seit wenigen Monaten für Neuwagen eine Geld-zurück-Garantie bei Nichtgefallen innerhalb von 30 Tagen und bis zu 3000 Kilometer Laufleistung.
Vorbild dafür könnte ein Angebot von Hyundai während der Finanzkrise 2009 in den USA gewesen sein, vermutet Dudenhöffer. Die Koreaner warben damals damit, Neuwagen innerhalb eines Jahres beim Verlust des Jobs zurückgeben zu können. Während der US-Automarkt in dem Krisenjahr um ein Fünftel einbrach, steigerte Hyundai den Absatz sogar noch. Das Opel-Rückgaberecht für einen Monat werde diesen Effekt aber eher nicht auslösen, vermutet der Autofachmann. Wer sich nach langer Suche für ein Auto entscheide, wolle damit fahren und denke nur bei ganz gravierenden Mängeln daran, ihn zurückzugeben. Und die träten bei heutigen Neuwagen in der Regel kaum auf.
Anders Kias Sieben-Jahre-Garantie: Da Autos derzeit der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) im Schnitt nach 5,4 Jahren verkauft werden, könne das Angebot noch dem zweiten Besitzer zugutekommen und daher den Wiederverkaufswert des Autos steigern, argumentiert Kia. Außerdem binde es - anders als Rabatte - Käufer dauerhaft an die Marke. „Ich bin nicht an einem One-Night-Stand interessiert, sondern an einer langfristigen Beziehung zu unseren Kunden und zu Fahrzeugen“, sagt Kia-Deutschlandchef Martin van Vugt.