Cadillac CTS: Der Unverzagte nimmt einen neuen Anlauf
Berlin (dpa-infocom) - Es muss nicht immer ein BMW oder Mercedes sein. Im Oberhaus gibt es Alternativen zu den Platzhirschen aus Deutschland. Das ist die Botschaft, mit der Cadillac die dritte Generation des CTS ins Rennen schickt.
Leider mit viel zu deutschen Tugenden.
Er wirkt auf dem Firmenparkplatz wie der Friseur unter den Finanzbeamten. Denn während Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse im nüchternen Business-Dress die seriösen Dienstwagen geben und zu einer grauen Masse verschwimmen, sticht einem der neue Cadillac CTS auf Anhieb ins Auge. Jetzt schon in der dritten Generation, seht die Limousine zu Preisen ab 49 000 Euro noch schärfer und kantiger, noch flacher und länger und vor allem noch schillernder bei den wenigen Cadillac-Händlern und buhlt um die Kunden in der Business-Klasse.
Viel Substanz zum schönen Schein
Die Amerikaner setzen nicht allein auf den schönen Schein, sie wollen auch reichlich Substanz bieten. Deshalb haben sie den Radstand der nun 4,97 Meter langen Limousine um drei Zentimeter gestreckt, damit man jetzt auch im Fond bequem sitzen kann. Sie haben das Interieur mit so viel Holz, Lack und Leder aufgemöbelt, dass man sich in einer noblen Hotelsuite wähnt. Vor allem haben sie die Liste der Infotainment- und Assistenzsysteme gehörig verlängert. Zum Head-Up-Display gibt es deshalb jetzt ein digitales Cockpit mit mehr Animationen als auf einem Tablet-Computer. Und in der Mittelkonsole prangt umgeben von schmucken Sensor-Tasten ein riesiger Touchscreen für Navigation, Unterhaltung, Kommunikation und Klimasteuerung.
Wer auf die Sensoren der Limousine baut, kann sich bei der Spurführung und der Abstandsregelung genauso helfen lassen wie bei der Verkehrszeichenerkennung, der Fernlicht-Regelung oder beim Einparken. Mit Rücksicht auf die anderen Passagiere nervt der CTS dabei nicht mit wildem Geblinke oder lautem Gefiepe, sondern zupft dezent an den Polstern des Fahrersitzes. Im Prinzip ist das keine schlechte Idee. Doch so feinfühlig wie die Sensoren sind, macht einen diese Warnfunktion schon nach wenigen Kilometern derart nervös, dass man die ganzen Assistenten wieder ausschaltet.
Unter der Haube nur vier Zylinder
So viel Glanz und Gloria die Amerikaner auch bieten, so viel Hightech sie in den Innenraum stecken und so aufwendig ihr Infotainment-System ist - ausgerechnet unter der Haube haben sie gespart. Denn wo man bei einem US-Modell eigentlich einen V8 oder wenigstens einen Sechszylinder erwarten würde, verliert sich hinter dem riesigen CTS-Kühler ein vergleichsweise winziger Vierzylinder. Der 2,0-Liter-Motor stammt aus den Regalen der deutschen Schwestermarke Opel und kommt mit Hilfe eines Turbos auf 203 kW/276 PS. Zusammen mit einem maximalen Drehmoment von 400 Nm sollte das eigentlich für solide Fahrleistungen reichen. Und in der Papierform sieht der CTS mit 6,6 Sekunden für den Sprint von 0 auf 100 km/h und einem Spitzentempo von 240 km/h gar nicht so schlecht aus.
Doch in der Praxis ist der Motor vergleichsweise enttäuschend. Statt souverän mit hohem Tempo über die Autobahn zu segeln, muss man seine Leistungsbereitschaft beherzt einfordern. Das allerdings quittiert der Vierzylinder mit einem sehr angestrengten und wenig angenehmen Sound sowie einem großen Durst. Dabei ist schon der Normverbrauch mit 8,5 Litern (CO2-Ausstoß 199 g/km) für diese Klasse relativ hoch. Vielleicht auch, weil Cadillac beim Griff ins Opel-Regal irgendwie die Start-Stopp-Automatik übersehen hat. Und wahrscheinlich gibt es gute Gründe dafür, dass BMW und Co anders als Cadillac Automatikgetriebe mit mehr als sechs Gängen einbauen.
Leichtgewicht in der Luxusliga
Dabei hätte der CTS durchaus das Zeug zu einem richtig sparsamen Auto. Schließlich ist er jetzt zu weiten Teilen aus Aluminium gefertigt, speckt deshalb trotz des größeren Formats 130 Kilogramm ab und ist mit gut 1,6 Tonnen einer der leichtesten in seiner Klasse.
Wenn man die Diät schon an der Tankstelle nicht merkt, spürt man sie wenigstens auf der Landstraße. Denn dort ist die US-Limousine tatsächlich relativ leichtfüßig und lässt sich präzise durch die Kurven treiben. Das Fahrwerk mit magnetisch gesteuerten Dämpfern mal soft und mal stramm und die Bremsen schön bissig, findet der CTS in Sachen Fahrdynamik langsam den Anschluss an ihre deutschen Vorbilder. Da zahlen sich die vielen Testrunden auf der Nordschleife aus.
Fazit: Eine Alternative aus Amerika
Das Design eine Wucht, das Ambiente luxuriös und das Fahrverhalten tadellos - so wird der CTS tatsächlich zur Alternative aus Amerika. Zumal die Preise nur auf den ersten Blick das Niveau der deutschen Hersteller erreicht haben. Denn während man in München oder Stuttgart für alle Extras noch einmal zur Kasse gebeten wird, wird das Auto in Detroit vergleichsweise komplett ausgestattet. Wenn Cadillac sich jetzt noch auf die eigenen Tugenden besinnt und einen größeren Motor einbaut, ist der CTS allemal eine Versuchung wert.
Datenblatt: Cadillac CTS
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke