Ein-Liter-Auto VW XL1: Weniger ist schwer

Berlin (dpa-infocom) - Ein Wagen, der auf 100 Kilometern weniger als einen Liter Sprit verbraucht: Das verspricht Volkswagen mit dem XL1. Doch wie fährt sich das extrem windschnittige Sparmobil?

„Eine Vision wird Wirklichkeit“ - wenn der VW-Vorstand über das „Leuchtturmprojekt“ XL1 spricht, sparen die Niedersachsen nicht an großen Worten. Aus gutem Grund. Zwar sind seit der Jungfernfahrt mehr als zehn Jahre vergangen. Doch nun hat VW es tatsächlich geschafft, ein Auto mit einem Normverbrauch von weniger als einem Liter auf die Räder zu stellen. Nicht als Einzelstück, sondern als Serienfahrzeug, das im Sommer zu einem bislang nicht genannten Preis an handverlesene Kunden ausgeliefert werden soll.

Der XL1 stiehlt Supersportlern die Schau

Mit der Vorstellung von einem konventionellen Auto bricht der XL1 mehrfach: Der Wagen ist äußerst flach, schmal und windschnittig. Auf dem Parkplatz dürfte er selbst Supersportwagen und Luxuslimousinen die Schau stehlen. Das gilt erst recht, wenn die beiden Flügeltüren nach oben schwingen und so den überraschend bequemen Weg in den Innenraum frei machen.

Dort sitzt man zwar auf hauchdünnen Karbonschalen. Und dass der Beifahrer ein wenig nach hinten versetzt wurde, um die Schulterfreiheit zu vergrößern, ist etwas gewöhnungsbedürftig. Aber abgesehen von der tiefen Sitzposition ist für den Fahrer alles vertraut: Einsteigen, anschnallen, losfahren - das geht im XL1 so leicht wie in einem VW Golf. Den Unterschied kann man eher hören: Der König der Knauser surrt elektrisch davon, und man rollt in gespenstischer Ruhe durch die Stadt.

Halbe Tonne leichter als ein Golf

Technisch gesehen ist der XL1 im Grunde ein gewöhnlicher Plug-in-Hybrid: wie die entsprechenden Varianten von Toyota Prius oder Volvo V60, nur dass die Niedersachsen die Effizienz noch einmal gehörig gesteigert haben. Dafür mussten sie an drei Punkten ansetzen: beim Gewicht, beim Luftwiderstand und am Antrieb.

Das Gewicht hat VW mit einer Karosserie aus Karbon, Scheiben aus Polycarbonat, Rädern aus Magnesium und einem Fahrwerk aus Aluminium auf 795 Kilogramm gedrückt. Zum Vergleich: Ein Golf ist eine halbe Tonne schwerer. Und der cw-Wert sinkt mit der unkonventionellen Form, dem völlig verkleideten Unterboden, den Kameras anstelle der Außenspiegel, der scharfen Abrisskante am Heck und den geschlossenen Radhäusern auf 0,189. Zusammen mit der kleinen Stirnfläche macht das den XL1 zum Könner im Windkanal.

Wenig Leistung für flotte Fahrt

Weil der Wagen so leicht und windschnittig ist, reicht ihm ein schwacher Motor: Er braucht für eine Fahrt mit konstant 100 km/h gerade einmal 6,2 kW/8,4 PS. Entsprechend konnten die VW-Entwickler die Antriebskomponenten kräftig eindampfen. Die E-Maschine hat deshalb nur noch 20 kW/27 PS, dem Akku reicht für die Zielvorgabe von 50 elektrischen Kilometern eine Kapazität von mageren 5,5 Kilowattstunden (kWh), und der TDI im Heck kommt mit zwei Zylindern, 0,8 Litern Hubraum und 35 kW/48 PS aus.

Mit diesen Eckdaten macht man im Autoquartett selbst gegen Zwerge wie den VW Up keinen Stich - und doch ist der XL1 keine Spaßbremse. In der Stadt surrt er flott durch den Verkehr und ist beim Ampelspurt vorne dabei. Wenn das Sparauto auf Touren ist, fühlt man sich auch auf der Autobahn wohl. 120 Sachen sind kein Problem. Und falls man es mal eilig hat, schafft der XL1 auch 160 km/h.

Technisch wären deutlich höhere Geschwindigkeiten möglich. Aber mehr will VW vor allem den ultraschmalen Rädern nicht zumuten. Nur für die Landpartien ist der XL1 nicht gemacht. In engen Kurven fehlt der Komfort einer Servolenkung, und der ständige Wechsel zwischen dem leisen E-Betrieb und dem Nageln des Diesels direkt im Nacken des Fahrers ist eine Belastungsprobe für das Klangempfinden.

Doch der Blick auf den Bordcomputer spendet Trost: Nach zwei Stunden durchaus schneller Fahrt, doppelt besetzt und in der Stadt, über Land sowie auf der Autobahn gefahren, weist das Ökomobil einen Durchschnittsverbrauch von 1,6 Litern aus - und dabei ist der Akku noch nicht einmal ganz leer. Das geht tatsächlich mit keinem anderen Verbrenner.

Fazit: Eine Vision, die in der Wirklichkeit Wurzeln schlägt

Konsequenter auf Effizienz getrimmt als jedes andere Fahrzeug, ist der XL1 ein faszinierender Technologieträger. Zwar wird er trotz der Serienfreigabe wohl nicht zum Massenmodell. Doch die Ideen aus dieser Vision werden bald auch in anderen Modellen Wirklichkeit. Das zumindest verspricht Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg: „Ohne den XL1 würde es so schnell auch keinen VW Golf mit Plug-in-Hybrid geben.“