Erste Testfahrt Honda Civic: Zu Größerem berufen
Berlin (dpa-infocom) - Er ist einer der Stammspieler auf dem Golfplatz: Den Honda Civic gibt es seit 40 Jahren und neun Generationen. Nachdem er zuletzt vor allem von europäischen Kunden gerne übersehen wurde, wollen ihn die Japaner mit einer neuen Auflage wieder ins Bewusstsein der Kompaktlasse-Käufer rücken.
Deutlich teurer als Konkurrenz
Der neue Honda Civic kommt am 18. März in den Handel und kostet mindestens 19 990 Euro. Damit ist er 2000 Euro teurer als der VV Golf, und von manchen Importmodellen trennt ihn sogar mehr als doppelt so viel. Doch die Japaner haben auch deutlich mehr zu bieten. Denn in der zehnten Generation ist der Civic buchstäblich zu Größeren berufen, ist länger, besser ausgestattet und stärker motorisiert.
Wo die Kompaktklasse gewöhnlich bei guten 4,20 Metern endet, streckt sich der Civic neuerdings auf 4,52 Meter. Damit überragt er einen Golf um zwei Handbreit. Die Japaner rudern bei der Form kräftig zurück. Nach den Weltraum-Avancen der letzten Generation bewahren sie diesmal mehr Bodenhaftung. Der Civic sticht diesmal allein wegen seines Formats aus der Klasse heraus. Da ist es dann aber auch kein Wunder, dass selbst Hinterbänkler bei Honda gut sitzen, zumal der Radstand ebenfalls gestreckt wurde und nun bei 2,70 Metern liegt.
Die Magie ist verschwunden
Während die Unterschiede für die Passagiere noch vergleichsweise gering sind, springt der Civic beim Kofferraum eine Klasse: Schon ohne dass man die Rückbank umlegt, schluckt das Gepäckabteil 478 Liter und lässt sich schrittweise auf 1267 Liter erweitern. Das ist so viel, dass die Japaner den erst zur Hälfte der letzten Laufzeit aufgelegten Civic Kombi gleich wieder einstellen. Und so viel, dass sie auf ihre „Magic Seats“ im Fond verzichten. Die konnte man wie Kinosessel aufstellen, wenn man mal höhere Gegenstände transportieren musste.
Auch bei der Ausstattung fährt Honda voraus. Zumindest, wenn es um den Serienumfang geht. Denn mit ihrem so genannten „Sensing“-Paket rüsten die Japaner den Civic als erster Hersteller in dieser Klasse ohne Aufpreis mit einer automatischen Abstandsregelung aus, die zugleich aktuelle Tempolimits berücksichtigt, für Fußgänger bremst sowie bei der Spurführung und beim Spurwechsel unterstützt. Zu diesen elektronischen Finessen gibt es noch ein paar eher konventionelle Errungenschaften, die nach der ersten Testfahrt hängen bleiben. Das ebenso riesige wie variable Regalsystem in den Tiefen der Mittelarmlehne zum Beispiel oder die Gepäckraumabdeckung, die erstmals wie eine Rolle von der Seite her ausgezogen wird. Allenfalls Standard sind dagegen die Materialauswahl und das Cockpit. Das ist zwar komplett animiert, aber trotzdem irgendwie brav, bieder und deshalb ein wenig verstaubt aussieht.
Ungewöhnliche Motorpalette
So ungewöhnlich Abmessungen und Ausstattung für diese Klasse, so weit entfernt sich der Civic auch bei den Antrieben von den Standards des Segments. Die überall sonst noch immer dominierenden Diesel-Motoren zum Beispiel reichen die Japaner erst im nächsten Jahr nach. Hybrid oder wenigstens Gas sind kein Thema. Und die beiden vorerst einzigen Benziner sind deutlich stärker als bei der Konkurrenz. So hat das Basismodell zwar nur einen 1,0 Liter großen Dreizylinder, kommt damit dank Turbo-Unterstützung aber bereits auf 95 kW/129 PS. Wem das Knöttern des Mini-Motors zu laut und lästig ist, dem bleibt allein ein 1,5-Liter-Turbo mit imposanten 134 kW/182 PS - dafür muss man bei der Konkurrenz schon fast schon zu GTI und Co greifen. Allerdings braucht dann schon der sparsamste Civic 4,7 Liter, und der CO2-Ausstoß liegt bei 106 g/km.
Allerdings passt der starke Motor gut zum sportlichen Anstrich, den Honda dem neuen Civic gegeben hat: Man sitzt deutlich tiefer als bisher. Deshalb hat man den Wagen buchstäblich besser im Griff. Die Karosserie ist steifer und trotz des neuen Formats leichter. Das Fahrwerk ist mit breiterer Spur und teilweise variabler Dämpfung präziser. So kann man die Kraft genussvoll auskosten und flott über die Landstraße fliegen. Wobei die Papierdaten für den 1,5-Liter mit einem Sprintwert von 8,4 Sekunden und einem Spitzentempo von 220 km/h nüchterner wirken, als das Auto in der Praxis tatsächlich ist.
Fazit: Auf dem Sprung
Größer als die meisten Konkurrenten, stärker motorisiert und besser ausgestattet - so ist der Honda Civic auf dem Sprung in die nächste Klasse. Bei Fahrdynamik und Materialanmutung müssen die Japaner zwar noch ein bisschen nachlegen. Aber bei den Preisen haben sie diesen Sprung schon geschafft.
Datenblatt: Honda Civic 1.5 VTEC Turbo
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke