Autotest Hyundai i30: Streber auf dem Golfplatz
Berlin (dpa-infocom) - Als Hyundai vor sechs Jahren auf der Internationalen Automobilausstellung die letzte Generation des i30 enthüllt hatte, ging das Youtube-Video eines stauenden VW-Chefs Martin Winterkorn („Da klappert nix“) um die Welt.
Nun bringen die Koreaner die dritte Auflage an den Start.
Wenn Hyundai am 28. Januar zu Preisen ab 17 450 Euro die neue Generation ihres weitgehend in Rüsselsheim entwickelten und in Tschechien gebauten Golf-Gegners an den Start bringen, hätte der mittlerweile geschasste Manager noch viel mehr Grund zum Staunen. Denn der neue i30 ist gar vollends zum Golf-Klon aus Asien gereift. Er greift den Bestseller mit seinen eigenen Waffen an: nüchterne Perfektion, viel Technologie und viel Liebe zum Detail.
Design ohne Moden und Marotten
Die Annäherung an den Klassenprimus beginnt bereits beim Design. Auch wenn Hyundai den neuen, für alle künftigen Modelle geplanten Kühlergrill und die ausdrucksstarken Formen lobt. Der i30 ist kein Auto, nach dem man sich umdreht. Dafür ist es eines, an dessen Moden und Marotten man sich auch nicht nach ein paar Monaten sattgesehen hat. Außerdem ist der jetzt 4,34 Meter lange Fünftürer vor allem innen etwas gewachsen und bietet entsprechend mehr Platz für Kind und Kegel.
Außen eher nüchtern, gibt sich der i30 innen nobel. Das Ambiente zeugt von einer liebevollen Materialauswahl und die Ausstattung vom Stolz auf das technisch Machbare. Vor allem bei der Sicherheit lassen sich die Koreaner nicht lumpen und bauen serienmäßig Spur- und Fernlichtassistent, Tempomat und City-Notbremse ein. Dazu gibt es gegen Aufpreis weitere Assistenten wie die Abstandsregelung, eine Touchscreen-Navigation und LED-Scheinwerfer. Und für Unterhaltung und Komfort gibt es eine große Touchscreen-Navigation mit Digitalradio, beheizte und belüftete Sitze oder Wärmedrähte im Lenkrad.
In der Ruhe liegt die Kraft
Unterstrichen wird das Gefühl von der eindrucksvollen Stille, die im i30 herrscht. Die Karosserie mit mehr hochfesten Stählen und über 120 Meter langen Klebenähten steifer denn je und besonders windschnittig gezeichnet, die Motoren gut gedämmt und das Fahrwerk feinfühlig abgestimmt - so dringt kein Knirschen, kein Knurren und auch kein Rauschen des Windes in den Wagen. Der Hyundai ruht buchstäblich in sich selbst.
Das leise, fast zurückhaltende Wesen des i30 steht allerdings im krassen Widerspruch zum Fahrverhalten. Wo man im Vorgänger noch langweilig und lustlos dahin gegondelt ist, macht der i30 jetzt einen ausgesprochen lebendigen Eindruck, lenkt scharf und präzise und gibt dem Fahrer ein gutes Gefühl für die Straße. Und das soll nur der Anfang sein, sagt Hyundai.
Sechs Motoren zur Start
Der Autobauer verspricht für das Ende des Jahres sein erstes Sportmodell: So, wie GTI bei VW oder OPC bei Opel planen die Koreaner eine eigene Linie mit dem Kürzel „N“ wie Nürburgring. Sie wollen diese mit einem mehr als 147 kW/200 PS starken i30 starten. Das ist allerdings nicht der einzige Zuwachs in der Familienplanung. Wer mehr Platz will, der bekommt schon im Sommer wieder einen Kombi. Und wem das Design zu brav und bieder ist, den wollen die Koreaner zum Jahreswechsel mit einer Mischung aus Coupé-Limousine und Kombi überraschen.
Zwar ist die Familienplanung für den i30 bereits relativ weit gediehen. Doch schon zum Start gibt es reichlich Auswahl. Immerhin bieten die Koreaner drei Benziner und drei Diesel an, die allerdings eng beisammen liegen und deshalb nur ein Spektrum von 70 kW/95 PS bis 103 kW/140 PS abdecken. Der ganze Stolz der Koreaner ist ihr neuer 1,4-Liter-Turbo, der in der Kompaktklasse seinen Einstand gibt. Der Vierzylinder an der Spitze der Palette ist kräftig aber kultiviert und passt deshalb ganz gut zu dem strebsamen Herausforderer aus Fernost. Mit Doppelkupplung und 242 Newtonmeter beschleunigt er in 8,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h, bei Vollgas erreicht er 210 km/h. Der Verbrauch liegt bei vernünftigen 5,5 Litern (CO2-Emission: 125 g/km).
Fazit: Ohne Fehl und Tadel, aber auch ohne Faszination
Grundsolide und vornehm, gut ausgestattet und sauber abgestimmt, ambitioniert, aber unaufgeregt - so wird der neue i30 zum Streber auf dem Golfplatz und kommt seinem Vorbild aus Wolfsburg überraschend nahe. Nur eben auf einem etwas niedrigen Preisniveau und mit der längeren Garantie von fünf Jahren. Allerdings haben die Koreaner den Niedersachsen fast ein bisschen zu gründlich nachgeeifert. Denn genau wie der Branchenprimus ist auch der Kompakte aus Korea ein Auto ohne Ecken und Kanten, das es allen so gründlich recht machen will, dass Lust und Leidenschaft und vor allem der eigene Charakter auf der Strecke zu bleiben drohen.
Datenblatt: Hyundai i301.4T
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke