Fahrbericht Jeep Compass: Der kleine Häuptling sucht einen neuen Kurs
Berlin (dpa-infocom) - Jeep bringt im Juli für Preise ab 25 000 Euro einen neuen Compass in Stellung. Er soll gegen Autos wie den Opel Mokka, den Seat Ateca oder den Mazda CX-3 antreten. Mit dem Compass schließt Jeep auch die Lücke in seinem Modellprogramm zwischen Renegade und Cherokee.
Wer hat's erfunden? Diese Frage stellt nicht nur der Produzent eines Schweizer Kräuterzuckers, sondern auch ein amerikanischer Autobauer. Denn viele Hersteller suchen heute ihr Heil auf der Buckelpiste. Doch Jeep reklamiert für seinen über 70 Jahre alten Willys zurecht die Jungfernfahrt im Gelände. Um so überraschender ist es, dass die Amerikaner ausgerechnet im wichtigsten Segment des boomenden SUV-Marktes zuletzt mit Abwesenheit geglänzt haben und ohne kompakten Geländewagen auskommen mussten. Aber damit ist es ab Sommer vorbei. Dann kommt der Compass.
Alter Name, neues Auto
Der Name ist bekannt und weckt nicht unbedingt die besten Erinnerungen. Denn der letzte Jeep Compass war alles andere als ein Erfolg und wurde deshalb in Europa vor der Zeit vom Markt genommen. Doch das Auto ist vollkommen neu und diesmal weist der Compass in die richtige Richtung: Er sieht frisch und frech aus - und ist trotzdem auf Anhieb als Jeep zu erkennen. Neben der Form passt mit 4,40 Metern Länge und 2,64 Metern Radstand auch das Format perfekt ins Segment.
Im neuen Modell sitzt man deshalb in der ersten Reihe bequem, hat in der zweiten auch als Erwachsener genügend Platz für Kopf und Knie. Bei knapp 500 Litern Kofferraumvolumen muss man weder beim Einkaufen noch bei der Urlaubsplanung geizen.
Viel Ausstattung für Assistenz und Unterhaltung
Auch die Ausstattung ist auf der Höhe der Zeit. Natürlich gibt es teurere Modelle mit mehr Assistenzsystemen und weitreichenderen Eingriffsmöglichkeiten. Aber zumindest hält der Tempomat automatisch den Abstand zum Vordermann, Sensoren schlagen Alarm, wenn man von der Ideallinie abweicht, eine automatische Notbremse verhindert oder entschärft Auffahrunfälle und einparken kann der Compass auf Knopfdruck.
Am meisten Eindruck schindet er aber mit seinem tadellosen Infotainment-System auf dem großen Touchscreen: Die Navigation arbeitet mit Online-Unterstützung, Smartphones werden mit Apple Carplay oder Android Auto gespiegelt, und es gibt eine Reihe eigener Apps. Selbst Textnachrichten kann man dem Auto so diktieren.
Die Technik kommt vom Renegade
Während sich das Design am großen Bruder Cherokee orientiert, borgt sich der Compass die Technik aus der nächst kleineren Modellreihe. So wird er zu einem etwas aufgeblasenen Renegade. Deshalb startet er auch mit durchweg bekannten Motoren: Es gibt zwei Benziner mit je 1,4 Litern Hubraum und 103 kW/140 PS oder 125 kW/170 PS und drei Diesel: Einen 1,6-Liter mit 88 kW/120 PS oder einen 2,0-Liter, der wie in der Otto-Fraktion mit 103 kW/140 PS oder 125 kW/170 PS angeboten wird.
Auch wenn Jeep Fahrleistungen und Verbrauchswerte für die europäischen Modelle erst kurz vor der Markteinführung im Juli parat haben wird, weckt die erste Ausfahrt mit den amerikanischen Fahrzeugen den Wunsch nach einem kleinen Powerboost. Denn selbst mit dem größeren und stärkeren US-Motor mit 2,4 Litern Hubraum und 132 kW/180 PS wird der Compass nicht gerade zum Ausbund an Fahrdynamik.
Auf und abseits der Straße gut unterwegs
Dabei macht dieses Auto durchaus Lust auf ein paar flotte Richtungswechsel: Auf der Straße bewegt sich der Compass schon in der für gewöhnlich etwas weicher und unbestimmter ausgelegten US-Version so handlich und umgänglich, dass man auf die EU-Varianten gespannt sein darf. Er ist handlich, übersichtlich und macht diesmal sogar in Kurven Spaß.
Doch selbst wenn es die meisten Kunden nie ausprobieren werden, darf für einen Jeep am Ende des Asphalts nicht Schluss sein. Deshalb gibt es für die stärkeren Motorvarianten nicht nur die Option auf vier angetriebene Räder. Wie in anderen Baureihen bietet Jeep auch den Compass als „Trailhawk“-Variante an. Mit etwas mehr Bodenfreiheit, einem stabilen Unterbodenschutz, einer anderen Elektronik fürs Getriebe sowie einer Traktionskontrolle für Schnee, Sand oder Schlamm schafft er dann auch den legendären „Rubicon Trail“, der im Amerika als Urmeter für ernsthafte Geländewagen gilt.
Fazit: Die Richtung stimmt
Er kann zwar in der Praxis zwischen Kindergarten und Einkaufszentrum nichts wirklich besser als seine Konkurrenten. Und sein größeres Stehvermögen in der Pampa ist für die meisten allenfalls ein psychologisches Argument. Doch er sieht gut aus, hat das richtige Format, den passenden Preis und eine attraktive Ausstattung. Vor allem hat er den klangvollen Namen jener Marke, die für sich zurecht die Erfindung des SUV reklamiert. Schon deshalb ist der Compass ein interessanter Neuzugang im wichtigsten SUV-Segment. Erst recht, weil der Compass diesmal in die richtige Richtung zeigt.
Datenblatt: Jeep Compass 1.4 MultiAir
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke