Fahrbericht Opel Ampera-E: Das Ende der elektrischen Exotik

Berlin (dpa-infocom) - Das Elektroauto ist in aller Munde. Doch auf der Straße ist es noch eine Seltenheit. Denn zu hoch sind die Preise und zu niedrig die Reichweiten. Aber wenn Opel im Sommer den Ampera-E bringt, könnte der Knoten platzen.

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Der Opel Ampera-E ist der Hoffnungsträger aus Hessen. Das neue Modell will als kompakter Fünfsitzer mit über 500 Kilometern Reichweite beweisen, dass die Elektromobilität alltagstauglich ist.

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Lieber Platz als Brimborium

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Anders als etwa BMW mit dem i3 setzt Opel nicht auf futuristisches Design. Der Autobauer hat den Ampera-E zu einem modernen, aber konventionellen Kleinwagen gemacht. Dieser würde auch als Nachfolger des Meriva durchgehen. So kann man zwar nicht unbedingt den Nachbarn imponieren, hat dafür aber ein rundherum praktisches Auto. Das wirkt innen deutlich größer, als es außen tatsächlich ist. Denn mit 4,17 Metern kaum länger als ein Corsa, bietet der Ampera-E bei 2,60 Metern Radstand im Fond mehr Beinfreiheit als ein Astra. Dazu kommt ein Kofferraumvolumen von 381 bis 1274 Litern.

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Möglich wird das, weil der gesamte Antrieb im Wagenboden ist und kaum Platz braucht. Dabei hat er einiges zu leisten. Die Lithium-Ionen-Zellen speichern immerhin 60 kWh und die E-Maschine selbst kommt auf 150 kW/204 PS und ein maximales Drehmoment von 360 Newtonmeter. Weil das - ebenfalls typisch für E-Mobile - bereits mit der ersten Umdrehung des Motors abgerufen werden kann, sprintet der Ampera-E wie ein Sportwagen.

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OPC-Modelle sieht man im Rückspiegel

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Wenn der Ampera-E an der Ampel in 3,2 Sekunden von 0 auf 50 km/h beschleunigt, sieht man Autos wie den Astra OPC nur noch im Rückspiegel. Und mit den 7,3 Sekunden von 0 auf Tempo 100 ist er unter den Kleinwagen ein ganz Großer. Nur wenn man das Pedal durchtritt, gibt er die Spaßbremse und regelt bei 150 km/h ab.

Aber im Ampera-E hat man ohne Bleifuß ohnehin mehr Spaß. Denn zum Reiz des elektrischen Fahrens gehört auch das Rekuperieren - das Rückgewinnen von Energie, wenn der Motor zum Generator wird. Das treibt Opel mit einer neuen Funktion auf die Spitze und feiert dafür die Wiederentdeckung der Handbremse: Sobald man den Fuß vom Fahrpedal nimmt, beginnt der Ampera-E wie jedes Elektroauto zu verzögern und saugt den Akku voll. Doch mit einem kleinen Hebel am Lenkrad lässt sich dieser Effekt so deutlich steigern, dass es einen spürbar in die Gurte drückt und man nach wenigen Metern zum Stehen kommt - ohne je die Radbremsen zu benutzen.

Fahren ohne Vorplanung

Rasante Beschleunigung, lautloses Gleiten und das gute Gefühl, beim Bremsen keine Energie mehr zu vernichten - all das fühlt sich so oder so ähnlich auch bei den elektrischen Konkurrenten an. Neu ist die unbeschwerte Leichtigkeit, mit der man das plötzlich genießen kann. Auch wenn Opel selbst nicht daran glaubt, dass die 520 Kilometer vom Prüfstand in der Praxis halten, kommt der Ampera-E deutlich weiter als alle anderen Elektroautos diesseits der teuren Teslas: Beim Losfahren zeigt der Bordcomputer über 350 Kilometer, nach einer Stunde durch die Stadt und über Land hat sich die Reichweitenanzeige weniger bewegt als die Tanknadel eines Kleinwagens und am Ende der Testfahrt stehen 279 Kilometer auf dem Tageszähler - und 79 bei der Restreichweite. Das reicht noch für ein, zwei ungeplante Abstecher und macht viele Vorplanungen hinfällig.

Ganz ohne Sorge geht es allerdings auch mit dem Riesen-Akku nicht. Im Gegenteil. So, wie man mit dem Ampera-E länger fahren kann, muss man auch länger laden. So lange, dass Opel lieber gar keine volle Zeit angibt, sondern als neue Einheit Kilometer pro halbe Stunde einführt. Wer eine 50 kW-Buchse findet, kommt so auf den Strom für 150 km in 30 Minuten. Aber wer zuhause laden muss, der zapft in dieser Zeit nur für sechs bis zwölf Kilometer und braucht entsprechend Geduld. Ein bisschen wird man also in Zukunft doch planen müssen.

Fazit: Mission Possible

Na also, es geht doch: An der Ampel sportlich und auf der Autobahn einen langen Atem, im Fond bequem und selbst an der Warenausgabe beim Möbelhaus nicht deplatziert - Opel beweist, dass alttagstaugliche Elektromobilität möglich ist. Jetzt liegt es an den Kaufleuten, ob der Ampera-E zum Bestseller oder zum Ladenhüter wird. Denn das alles Entscheidende ist der Preis - und über den schweigt sich Opel beharrlich aus. In Amerika kostet das Zwillingsmodell Chevrolet Bolt nach Abzug aller Förderung rund 30 000 Euro. In Norwegen, wo im Februar die ersten EU-Modelle starten, werden subventionierte 33 000 Euro fällig. Schon damit liegt der Ampera-E 50 Prozent über einem vergleichbaren Verbrenner. Je mehr Opel in Deutschland drauf schlägt, desto weniger werden sich die Kunden elektrisieren lassen.

Datenblatt: Opel Ampera-E

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke