Fahrbericht Ssangyong Rexton im Test: Komfortabler Koloss aus Korea
Berlin (dpa-infocom) - Jetzt müssen Hyundai Santa Fe, Kia Sorento und Renault Koleos aufpassen. Denn nach Jahren des Dornröschenschlafs wacht Ssangyong - der vierte der koreanischen Automobilhersteller - so langsam auf und wagt sich mit dem neuen Rexton in die gehobene Mittelklasse.
Der neue Ssangyong Rexton, das Flaggschiff des Geländewagenherstellers, steht seit Mitte November bei den Händlern und kostet mindestens 30 990 Euro.
Gewöhnlich gut
Dafür gibt es ein SUV, das sich nicht nur um zehn Zentimeter streckt und damit eine Klasse aufsteigt, sondern das mittlerweile auch richtig gewöhnlich aussieht. Das ist bei einer Marke wie Ssangyong durchaus als Kompliment gemeint.
Wenn man den kleinen Unbekannten aus Korea bislang überhaupt auf dem Radar hatte, denn allenfalls für Styling-Unfälle wie den Rodius oder Actyon. Am Rexton dagegen gibt es zwar nur wenig, woran das Auge hängen bleibt, so glatt und schnörkellos ist er gezeichnet. Dafür gibt es auch nicht viel, an dem sich der Blick stören würde.
Innen eine neue Welt
Mehr noch als die Karosserie überrascht die Kabine. Nicht weil sie so groß ist, dass man auf allen Plätzen bequem sitzen und aus dem riesigen Kofferraum (820 bis 1977 Liter) auf Wunsch sogar noch eine dritte Sitzreihe ausklappen kann. Das darf man bei 4,85 Metern Länge und einem Radstand von 2,87 Metern getrost erwarten. Was wirklich überraschend ist bei diesem Koloss aus Korea, das sind Ambiente und Ausstattung.
Statt der tristen Hartplastik-Landschaften von einst verwöhnt der Rexton jetzt zumindest in der Top-Ausstattung mit weichem Nappaleder mit aufwendiger Steppung, mit schmucken Zierkonsolen und funkelnden Metalleinlegern. Und zum ersten Mal in einem Ssangyong gibt es einen Touchscreen, der sich nicht von jedem billigen Smartphone die Schau stehlen lassen muss. Umgedreht wird ein Schuh daraus, weil man die Telefone jetzt dank Apple Carplay und Android Auto endlich darauf spiegeln kann.
Viele Premieren in Petto
Auch sonst hat der Rexton einige Premieren für die bislang eher rückständige Marke in petto: Totwinkel-Warner, Fernlicht-Assistent, Spurführungshilfe oder klimatisierte Sitze mögen in dieser Klasse Standard sein, für Ssangyong ist das meiste davon neu.
Genau wie die elektrische Hecklappe, die sich selbst aufschwingt, wenn man mit dem Schlüssel in der Tasche nur lange genug hinter dem Wagen steht. Wenn es jetzt noch LED-Scheinwerfer gäbe oder wenigstens eine automatische Abstandsregelung, dann würde es tatsächlich etwas enger für Kia und Co. werden.
Klassische Konstruktion
Zwar markiert der Rexton für die Koreaner den Aufbruch in eine neue Zeit. Doch unter dem Blech bleibt bei dem Flaggschiff alles beim Alten: Weil sich Ssangyong als Marke für Macher versteht und die Autos nicht vom Marketing geboren werden, ist der Rexton mehr Geländewagen als SUV.
Deshalb steht er ganz traditionell auf einem Leiterrahmen, und deshalb gibt es als Alternative zum Heckantrieb für 2000 Euro einen zuschaltbaren Allrad und eine Geländeuntersetzung. So viel ist die selbsterklärte koreanische Antwort auf Land Rover ihrem Selbstverständnis schon schuldig.
Viel Kraft und wenig Puste
Auch der Motor ist von altem Schrot und Korn. Es gibt den großen und mit seinen gut zwei Tonnen ziemlich schweren Geländewagen ausschließlich als e-XDi 220 mit einem 2,2 Liter großen Diesel. Zusammen gespannt mit einer Sechsgang-Schaltung oder für weitere 2500 Euro mit einer siebenstufigen Automatik leistet er 133 kW/181 PS und geht mit 420 Newtonmeter zu Werke. Das ist vor allem im Gelände wichtig, wo sich der Rexton auch für groben Dreck nicht zu fein ist. Und wenn man 3,5 Tonnen an den Haken nehmen will, kann das auch nicht schaden.
Dabei klingt der Diesel kultiviert und lässt sich beim Anfahren nicht lange bitten. Doch Wunder darf man von dem Triebwerk nicht erwarten. Mit zunehmendem Tempo wird er laut und macht einem bewusst, dass er nur vier Zylinder hat. Spätestens bei 185 km/h geht ihm die Puste aus. Da sind die Kollegen bei den anderen Marken aus Korea schon weiter. Zumal er mit Normwerten zwischen 7,6 und 8,3 Litern (CO2-Ausstoß: 199 bis 218 g/km) nicht einmal sonderlich sparsam ist.
Fazit: Ab in die Mitte
Natürlich ist der Rexton nicht die Neuerfindung des großen Geländewagens. Dafür gibt es in dieser Klasse erstens einfach schon zu viele Autos und dafür bietet der Neuling zweitens zu wenig wirklich Neues. Doch zumindest für Ssangyong ist die vierte Generation des Flaggschiffs ein großer Wurf. Und zwar nicht nur wegen seiner mittlerweile stattlichen Größe. Sondern ansehnlich gezeichnet, gut ausgestattet und ordentlich angetrieben, kommt der Außenseiter so endlich in der Mitte des Marktes an.
Datenblatt: Ssangyong Rexton
Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke