Deutscher Chef verspricht große Zukunft für totgesagtes Blackberry

Köln (dpa) - Vom Rand des Abgrunds zurück in die Spitzengruppe: Der deutsche Blackberry-Chef Thorsten Heins verspricht eine spektakuläre Rettung für den kanadischen Smartphone-Pionier.

Sein Plan ist, das neue Betriebssystem Blackberry 10 zu einem festen Bestandteil der Computer-Welt von morgen zu machen. So könnten Smartphones der Firma Bürorechner ersetzen, vernetzte Autos oder sogar Züge mit Blackberry 10 an Bord fahren, schwärmt er für die Zukunft vor. Das System solle über Jahre weiterentwickelt werden - ein dezenter Hinweis, dass seine Firma noch lange mitspielen will.

Derweil ist Blackberry noch weit davon entfernt, über den Berg zu sein. Gerade erst kommen schrittweise die ersten Smartphones mit dem neuen System auf den Markt - in Deutschland gibt es ab kommender Woche das Touchscreen-Modell Z10 zunächst bei Vodafone.

Blackberry ging zuletzt durch eine harte Durststrecke: Das neue Betriebssystem verzögerte sich immer wieder, mit der alten Modellpalette brach der Anteil am Smartphone-Markt auf zuletzt nur noch 3,5 Prozent ein. Viele Marktexperten sind auch jetzt noch zurückhaltend bis skeptisch.

„Wenn es nicht gelingt, Verbraucher für das neue System Blackberry 10 zu gewinnen, dann sieht es düster aus“, sagt etwa Analystin Annette Zimmermann vom Marktforscher Gartner. Dann werde Blackberry nur noch ein Nischenanbieter sein. Allerdings sieht sie den Kampf der Plattformen um den dritten Platz nach Googles Android und dem iPhone-System iOS noch nicht entschieden.

Ein Grund sei, dass auch Microsofts System Windows Phone sich trotz neuer Lumia-Smartphones von Nokia nicht so stark entwickelt habe wie gedacht. „Blackberry muss jetzt wahnsinnig in Marketing investieren, um den Weg in die Köpfe der Menschen zurückzufinden.“

„Ich hatte Blackberry eigentlich schon abgeschrieben“, sagt auch Nikolaus Mohr von der Unternehmensberatung Accenture. Jetzt seien das neue Betriebssystem und die neuen Geräte interessant - „aber ob das für neues Wachstum reicht, werden die nächsten 12 bis 18 Monate zeigen.“ Zugleich sieht Mohr einen Vorteil für Windows Phone: „Dafür sprechen die Marktmacht und die Marketing-Power von Microsoft sowie die Möglichkeiten, die Office-Welt auf andere Geräte zu transportieren.“

Heins, der deutlich jugendlicher als seine 55 Jahre wirkt, lässt sich von den Zweifeln nicht entmutigen: „Ich habe einen verdammt langen Atem.“ Schließlich habe er schon seit der Berufung auf den Chefposten vor einem Jahr ständig lesen müssen, Blackberry sei dem Tod geweiht. „Es gab eine Zeit, als Artikel über uns mit Grabsteinen oder Särgen illustriert wurden.“

Die beste Antwort darauf sei, das Vertrauen mit neuen Produkten zurückzugewinnen, sagt Heins. Und mit dem neuen Betriebssystem habe das Unternehmen jetzt endlich etwas in der Hand. „Ich sage meinen Leuten immer: Die Markteinführung von Blackberry 10, das war nicht die Ziellinie, sondern erst der Startschuss. Jetzt geht das Rennen erst richtig los“, gibt sich der frühere Siemens-Manager betont kampfeslustig. Er verweist auf Formel-1-Fahrer Sebastian Vettel, der am Anfang des letzten Rennens der Saison in einen Unfall verwickelt wurde „und dann einfach die Mühle umdrehte“ und zum dritten Weltmeistertitel fuhr. „So geht das: Man gibt einfach nicht auf.“