Google-System Android künftig auch in Uhren, Fernsehern und Autos
San Francisco (dpa) - Android überall: Google will sein dominierendes Smartphone-System nun auch in Armbanduhren, Autos und im Wohnzimmer etablieren.
Zum Start der Entwicklerkonferenz Google-I/O demonstrierte der Internet-Konzern, wie verschiedene Geräte der Plattform einander ergänzen können. Neu ist die Plattform Android TV, die Filme, Videos und Spiele auf den Fernseher bringen soll.
Mit Android Auto stellt Google eine spezielle Version des Betriebssystems für Fahrzeuge bereit. Für Smartphones und Tablet Computer gibt es die nächste Android-Variante mit dem Codenamen „L“. Sie bekommt ein stark überarbeitetes Design.
Google will zudem mit einer neuen Plattform für günstige Android-Telefone die Spitzenposition seines Betriebssystems im Markt weiter ausbauen. Das Referenzdesign „Android One“ soll Geräte zum Preis von 99 Dollar ermöglichen, kündigte Google-Manager Sundar Pichai am Mittwoch in San Francisco zum Auftakt der Entwicklerkonferenz Google I/O an.
Google war bei der über zweieinhalb Stunden langen Eröffnungs-Keynote besonders bemüht, das Zusammenspiel der verschiedenen Android-Geräte zu demonstrieren. So sieht man auf der Computeruhr, wer gerade anruft und kann sogar das Gespräch ablehnen, ohne das Telefon aus der Tasche nehmen zu müssen.
Die Uhr zeigt Benachrichtigen zu anstehenden Terminen oder die Bordkarte fürs Flugzeug an. Und über die Bluetooth-Verbindung zur Uhr weiß das Smartphone, dass gerade vom richtigen Nutzer in der Hand gehalten wird - und fragt deshalb auch keinen Passcode mehr beim Entsperren des Bildschirms an. Während Computeruhren im Mittelpunkt standen, spielte die Datenbrille Google Glass keine Rolle.
Android Auto bringt die vom Smartphone bekannte Bedienung auf die Displays der Fahrzeuge. So kann man zum Beispiel auf Musik oder ausgewählte Apps zugreifen. Die Navigation soll von der Verknüpfung der Google-Karten mit Kalender und Adressbuch der Android-Nutzer profitieren. Der Konzern gab am Mittwoch 40 neue Partner bekannt. Darunter sind unter anderem Audi, Volkswagen, Opel, Renault, Fiat und Volvo. Software-Entwickler können speziell Apps für den Einsatz im Auto schreiben. Das System ähnelt dem Konzept „CarPlay“ von Apple.
Mit Android TV macht Google den nächsten Anlauf, auch die Unterhaltung im Wohnzimmer zu übernehmen. Das erste Konzept Google TV war vor einigen Jahren unter anderem an einer zu komplexen Bedienung gescheitert. Android TV soll nun unter anderem mit Sprachsteuerung funktionieren. Die Plattform wird unter anderem von Sony unterstützt. Neben der Integration in Fernseher wird es auch Settop-Boxen geben. Apple und Amazon sind bereits mit ähnlichen Boxen auf dem Markt.
Die neue Android-Version „L“ bekommt verbesserte Funktionen unter anderem bei aktiven Benachrichtigungen, die laufende Apps wie Spiele nicht unterbrechen. Sie unterstützt Chips mit 64-Bit-Technologie, was unter anderem mehr Speicher erlaubt. Erstmals sollen auch Android-Apps auf Notebooks mit Googles zweitem Betriebssystem Chrome laufen.
In der Plattform Google Fit werden Fitness- und Gesundheitsinformationen von verschiedenen Geräten zusammengeführt. Für Gadgets wie Armbänder mit Schrittzähler gibt es Schnittstellen. Apple geht einen ähnlichen Weg mit der Plattform HealthKit, die für Herbst angekündigt ist.
Der Ankündigungen waren zu einem großen Teil bereits vorher durchgesickert. Die Börse reagierte trotz fehlender Überraschungen wohlwollend mit einem Plus von knapp 2,5 Prozent.
Android hat einen Anteil von rund 80 Prozent am Smartphone-Markt. Es gibt rund eine Milliarde aktiver Nutzer von Android-Geräten. Google will aber auch verstärkt die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern wie Indien oder Brasilien vernetzen, die noch keine Smartphones haben. Bei Tablets erreichte Android laut Pichai inzwischen einen Marktanteil von 62 Prozent.
Die Präsentation wurde kurz von einem Demonstranten unterbrochen, der Google als „totalitäres Unternehmen“ anprangerte. „Google baut Roboter, die Menschen töten“, rief er im Saal. Das war ein offensichtlicher Hinweis auf die Übernahme der Firma Boston Dynamics, die an Robotern auch für das US-Militär forscht. Zuvor hatte sich eine Lehrerin vor die Bühne gestellt un behauptet, sie werde von einem bei Google beschäftigten Juristen aus ihrer Mietwohnung herausgedrängt.
Google-Chef Larry Page, der mit den Entwicklern im Publikum der Keynote saß, reagierte auf die Zwischenfälle gelassen. „Wir sind in San Francisco, also erwarten wir das“, sagte er der „New York Times“. „Es gibt eine reiche Protest-Tradition in San Francisco.“