Hände weg vom Steuer: Wann Autos von alleine fahren

Genf (dpa) - Autos, die vor Glatteis warnen und bei einem Unfall automatisch einen Notruf absetzen. E-Mails, die auf der Autobahn vorgelesen werden.

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Fahrzeuge, die sich im Parkhaus alleine eine Parklücke suchen. Die Autobranche feilt an Ideen und Konzepten rund um das vernetzte Auto. Was ist noch Vision und was schon Wirklichkeit?

Wann gibt es Autos, die von alleine fahren?

Streng genommen sind sie schon da: Parkassistenten, die von alleine Einparken, sind eine erste Stufe für das autonome Fahren. Auch Stauassistenten, die im Schritttempo die Kontrolle über das Auto übernehmen, werden bereits eingebaut. „Autonomes Fahren ist in der Landwirtschaft — zum Beispiel bei Mähdreschern — bereits Realität“, betont Peter Fuß von der Unternehmensberatung Ernst & Young.

Wir brettern also demnächst ohne Hände am Steuer über die Autobahn?

Das könnte noch dauern. Rechtliche Fragen dürften nach Einschätzung von Bosch-Kfz-Geschäftsführer Wolf-Henning Scheider in den nächsten sechs bis acht Jahren geklärt sein. Doch damit die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet ist, werden die Systeme zehntausende Kilometer absolvieren müssen. Mit einem echten Autopiloten rechnet Scheider deshalb erst Mitte des nächsten Jahrzehnts. „Man braucht 100 Prozent Verlässlichkeit und keine Situationen, die man nicht kontrollieren kann“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche am Rande des Genfer Autosalons.

Wir können also künftig irgendwann auf dem Rücksitz Platz nehmen?

Eher nicht, glaubt Nissans Produktionschef Andy Palmer. Der Wagen muss die Kontrolle wieder an den Fahrer abgeben können, wenn er eine Situation nicht mehr beherrschen kann - zum Beispiel den Feierabendverkehr in Indiens Metropole Delhi, wie Palmer mit einem Augenzwinkern sagt. Deshalb wird der Platz des Fahrers wohl auch weiter hinterm Lenkrad sein.

Welche Rolle soll die Software von Apple und Google spielen?

Zunächst geht es darum, Programme ins Auto zu bringen, die man vom Smartphone kennt. E-Mails werden vorgelesen, Musik aus dem Internet kann gestreamt werden, Kartendienste werden aktualisiert. „Unterhaltungselektronik wird ein integraler Bestandteil unserer Autos“, sagt Daimler-Chef Zetsche.

Welche Vorteile bringt die Verbindung des Autos zum Internet?

Die Navigation kann mit Informationen aus dem Internet wie beispielsweise Wetterdaten oder Stau-Lage angereichert werden. Sensoren an den Fahrzeugen liefern zusätzliche Daten über Straßenbeschaffenheit. Wenn dann Autos untereinander kommunizieren und den aktuellen Stand austauschen, können Gefahren beim Autofahren minimiert werden, so die Idee.

Kann ich mich dagegen wehren, dass mein Auto ins Netz geht?

Nicht immer. So ist geplant, dass von 2015 an alle Neuwagen in der EU verpflichtend mit automatischen Notrufsystemen ausgestattet werden sollen. Wenn beispielsweise der Airbag ausgelöst wird, wird eine Zentrale informiert, die den Notruf entweder direkt an die Rettungskräfte weitergibt oder zunächst mit einem Kontrollanruf überprüft, was tatsächlich passiert ist.

Was passiert dann mit meinen Daten?

Ähnlich wie beim Smartphone wird der Nutzer zumindest teilweise eine Wahl haben, welche Daten er freigibt. Der Zulieferer Bosch beispielsweise arbeitet an Verschlüsselungsmechanismen und will die Daten seiner deutschen Kunden auch nur in deutschen Rechenzentren verarbeiten. Allerdings ist auch klar, dass wie bei den Smartphones Informationen gesammelt werden, die möglicherweise Bewegungsprofile oder mehr preisgeben könnten.

Und was haben die Autohersteller davon?

Zum einen dienen die neuen Angebote der Kundenbindung. Daimler fasst dafür seine Online-Dienste rund ums Auto in einer Plattform zusammen - vom automatischen Reparaturangebot bis hin zu Anschlüssen für Carsharing und Nahverkehr ist alles dabei. Außerdem rechnen die Hersteller und Zulieferer auch mit zusätzlichen Einnahmen. Daimler und Bosch gehen davon aus, dass sie allein mit Zusatzdiensten in den kommenden Jahren bis zu eine Milliarde Euro Umsatz machen.

Das heißt, alles ist nur eine Verkaufsmasche?

Nein: Wenn Autos mit Sensoren ausgestattet werden, die die Umgebung scannen und so schneller reagieren, rechnen Experten damit, dass sich die Zahl der Unfälle dramatisch reduziert. „Wenn es die Technologie schon gäbe, gäbe es keine Verkehrsunfälle und keine Staus mehr“, glaubt Ernst&Young-Experte Peter Fuß. „Ich kann dadurch die Zahl der Verkehrstoten auf Null senken.“