Hören statt besitzen: Streaming-Dienste im Netz

Berlin (dpa/tmn) - Muss man neue Musik gleich kaufen? Anbieter von Streaming-Diensten bieten Zugang zu Millionen Songs in der Internet-Wolke - manchmal sogar kostenlos. Sound-Experten warnen allerdings vor Abstrichen bei der Klangqualität.

Je später die Party, desto spezieller die Musikwünsche der Gäste. Wenn dann Lady Gaga oder Guns'n'Roses in der eigenen Sammlung fehlt, helfen On-Demand-Dienste, die jeden verfügbaren Song vollständig „streamen“, also direkt aus dem Internet auf die Lautsprecher bringen.

„Der Trend geht weg vom Besitz und hin zum Zugang zu Musik“, sagt Marcus von Husen vom Kölner Unternehmen Musicnetworx, das den Streaming-Dienst Simfy betreibt. Dort haben registrierte Nutzer den Zugriff auf mehr als sechs Millionen Titel, aus denen sie eigene Playlists zusammenstellen. Die Basisversion mit Zugang zu aktuell acht Millionen Songs vom Computer aus gibt es kostenlos. Für 10 Euro im Monat (8,33 Euro monatlich bei einem Jahresabo) kann man auch unterwegs von mobilen Geräten aus sowie werbefrei auf den Musik-Server zugreifen. Apps gibt es für Android-Handys und das iPhone.

Für Simfy kommt es darauf an, sich rechtzeitig vor Konkurrenten aus dem Ausland eine solide Nutzerbasis zu verschaffen. Da gibt es etwa den 2008 in Schweden gestarteten Streaming-Dienst Spotify, der rund zehn Millionen Titel bereithält, bislang aber noch nicht in Deutschland verfügbar ist. Und in der Schweiz hat die Mediengruppe Tamedia im Herbst 2010 den Dienst Soundshack auf den Markt gebracht, zu einem Monatspreis von 14,90 Schweizer Franken (11,50 Euro).

Mit der Bezeichnung „Music Unlimited“ hat Sony im Januar einen Streaming-Dienst für die eigenen Geräte mit Internet-Zugang gestartet, darunter Fernseher, Blu-ray-Player, Heimkino-Systeme und die PlayStation 3. Interessenten können sich zwischen zwei Tarifen entscheiden: Für 3,99 Euro im Monat gibt es den Zugriff auf einzelne Musik-Kanäle, für 9,99 Euro die freie Auswahl.

Mit Spannung wartet die Branche auch auf Google und Apple, die ihre Pläne für „Musik aus der Cloud“ (also aus verteilten Servern im Netz) möglicherweise in diesem Jahr aus der Schublade holen. Dabei wird Apple vor allem darauf bedacht sein, seinem iTunes-Geschäft mit Download-Musik nicht zu schaden.

Zum Empfang von Streaming-Diensten ist eine Breitbandverbindung sinnvoll. „DSL sollte es schon sein“, sagt von Husen. Zur mobilen Nutzung auf dem Handy sagt der Innsbrucker Experte Martin Pircher vom Internet-Dienst streaming-audio.de: „128 KBit sind für UMTS-Übertragung kein Problem, bei GSM werden allerdings Abstriche bei der Qualität unabdingbar sein.“ Die Kompressionsrate von 128 Kilobit pro Sekunde ist Standard beim Audio-Streaming übers Internet - die Datenmenge wird dabei so stark komprimiert, dass pro Sekunde nur 128 Kilobit übertragen werden müssen. So soll es auch bei einer schwächeren Internet-Verbindung keine Aussetzer geben.

Interessante Klang-Nuancen fallen da allerdings schon mal unter den Tisch, worin der Audio-Experte Lothar Kerestedjian ein Qualitätsproblem sieht. „Für den audiophilen Hörer daheim geht das gar nicht.“ Kerestedjian startet gerade ein neues Download-Portal für Musik in hoher Qualität, highresaudio.com. Dort will er Streaming nur einsetzen, um etwa Neuheiten vorzustellen.

Auch im Wohnzimmer wird immer häufiger Musik aus dem Netz gestreamt. Hier „bieten sich neue Möglichkeiten, wie beispielsweise Lautsprecher mit integriertem WLAN“, sagt Pircher.