Digital Influencer Trading – wenn Zocken zum Lifestyle wird

Aktien boomen bei anhaltend niedrigen Zinsen. Immer mehr Jüngere versuchen sich an der Börse, legen ihre Hemmungen ab und handeln mit ETFs, Aktien und Kryptowährungen. Informationen bekommen sie bei Instagram, YouTube und Co.

Influencer gibt es in vielen Bereichen, beispielsweise bei Mode, Fitness und Lifestyle. Auch beim Trading etablieren sich immer mehr Influencer, die ihre Community mit Informationen zum Aktienhandel versorgen und ihnen Empfehlungen geben oder sogar ihre eigene Aktienstrategie offenlegen.

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Das Handeln funktioniert einfach über Smartphone-Apps. Für einige ist Trading zu ihrem Lifestyle geworden. Das Deutsche Aktieninstitut (DAI) hat für 2020 circa 600.000 neue Aktiensparer verzeichnet, die unter 30 Jahre alt sind. Das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr in dieser Altersgruppe von 67 Prozent. Der Aktienhandel erlebt derzeit einen generellen Schub. Doch in den anderen Altersklassen war der Anstieg der Anzahl der Aktionäre lange nicht so hoch.

Anleger nehmen Vermögensaufbau selbst in die Hand

Für diese Entwicklung mitverantwortlich sind verschiedene YouTube-Kanäle, wie beispielsweise „Finanzfluss“. Auf diesem erklärt der 31-Jährige Thomas Kehl seit über fünf Jahren alles über Vermögensaufbau und Aktienhandel. Er hat insgesamt nahezu 700.000 Follower. Überhaupt war es noch nie so einfach wie heute, sich Finanzwissen anzueignen. Tiktok, YouTube oder Twitch sind voll mit Informationen. Dort geben einige Influencer, die teilweise mehrere hunderttausend junge Follower haben Tipps zu Sparplänen, Depoteröffnung oder sie analysieren Einzelaktien.

Das Thema Börsenhandel kommt langsam aus seiner verstaubten Ecke, überall ist Börsenwissen verfügbar und die Menschen wollen mehr und mehr ihren Vermögensaufbau selbst in die Hand nehmen. Eines der größten Investment- und Social-Trading-Netzwerke ist eToro. Dort können die Anleger auch gleich ihr Geld in Devisen, Aktien, Indizes oder Kryptowährungen investieren oder CFDs an den Rohstoffmärken handeln. Anleger können sich vernetzen, Trading-Strategien diskutieren und vollautomatisch ein Portfolio kopieren. Die Trader profitieren davon, sich untereinander auszutauschen und ihre eToro-Erfahrungen weiterzugeben.

Informationsgefälle nimmt ab

Bisher war es so, dass es eine enorme Informationslücke zwischen Privatanlegern und institutionellen Aktionären gab. Durch dieses neue Angebot ist die Informationslücke kleiner geworden. Bei der Informationsfülle ist allerdings auch zu bedenken, dass es nicht nur seriöse Informationen gibt. Es sind auch einige Marktschreier darunter, die auf diese Weise versuchen, bestimmte Aktien zu pushen. Denn sie haben sie selbst im Depot und wollen sie gerne zu einem guten Kurs abstoßen.

Börsen-Apps machen den Zugang zum Aktienmarkt heute sehr einfach, fast schon spielerisch.

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Zugang ist einfacher geworden

Dabei ist neben dem Zugang zu Informationen auch der Zugang zum Aktienmarkt einfacher geworden. Mithilfe von Börsen-Apps ist auch der Zugang zum Aktienmarkt so einfach wie noch nie. Ein paar Klicks genügen, dazu eine Video-Identifikation und schon kann es losgehen. Insgesamt wirkt das Ganze sehr spielerisch. Das hat auch schon die Verbraucherschützer auf den Plan gerufen, die davor warnen, dass die spielerisch aufgemachten Apps die jungen Anleger zum Zocken verleiten könnten.

Kursrallys rücken die junge Trading-Szene in den Fokus

Teilweise mutet es tatsächlich wie Zocken an, wenn beispielsweise die Kursrally des Spieleherstellers Gamestop ein Spotlight auf die junge Trading-Szene wirft. Auch andere Hypes wie beispielsweise um die Spaßwährung Dogecoin lassen vermuten, dass es nur um Spaß geht und nicht um langfristigen Vermögensaufbau oder die Altersversorgung. Doch die meisten investieren verantwortungsvoll. Sie starten mit weniger riskanten ETFs (Exchange-traded funds). Auch Kryptowährungen und viele Einzelaktionen sind von Interesse. Laut Aktieninstitut haben die unter 30-Jährigen zu gleichen Teilen Aktien und Fonds in ihrem Portfolio, während bei den unter 40-Jährigen nur 25 Prozent ausschließlich Einzelaktien in ihrem Portfolio haben.

Influencer-Trading hat Vor- und Nachteile

Beim Nachhandeln von Anlagestrategien im Influencer- oder Social-Trading müssen die Investoren ihr Aktiendepot nicht selbst managen. Sie haben sozusagen einen günstigen Fondsmanager. Als Anleger kann das Social Trading eine alternative Anlageform darstellen. Es kann jedoch auch eine Beimischung zu einem bereits bestehenden Portfolio sein.

Der Aktienhandel ist viel transparenter geworden durch Social Trading, birgt aber immer noch Risiken.

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Anleger können mit wenig Geld einsteigen und von Anfang an das Risiko streuen. Durch die meist sehr geringen Gebühren ist es möglich, mehreren Influencern zu folgen und die Strategien mehrerer Depots zu kopieren. Schon ab 50 US-Dollar ist der Einstieg möglich. Professionelle Vermögensverwalter verlangen hier meist viel mehr Geld. Beim Influencer-Trading ist das Gebührenmodell sehr übersichtlich. Die Anleger lernen von den besten Tradern. Das Besondere am Social-Trading ist die Tatsache, dass alle Trades absolut transparent sind, was in der Welt der Börse Seltenheitswert hat.

Natürlich hat das Ganze auch Risiken. Viele Anleger lassen sich sehr leicht zum Umsteigen animieren, wenn das eigene Portfolio mit seiner Performance nicht vorne mit dabei ist. Für die Musterdepots gibt es Ranglisten bei einigen Social-Trading-Plattformen. Ganz oben stehen die Depots mit starker Performance. Doch diese Trader folgen häufig einer riskanteren Strategie. Langfristige Portfolios, die eher defensiv angelegt sind, tauchen oben nicht auf. Deshalb ist es wichtig, dass Anleger darauf achten, ob die Performance konstant ist und über welchen Zeitraum sie erzielt wurde.

Bewährungsprobe der aufkeimenden Aktienkultur steht erst noch bevor.

Um langfristig mit Aktien erfolgreich zu sein, bedarf es mehrerer Faktoren. Die Aktionäre müssen Rücklagen bilden, die Anlagen breit streuen, kontinuierlich ihr Geld investieren und am wichtigsten ist, dass sie auch langfristig dranbleiben. Gerade der letzte Punkt wird Experten zufolge die Bewährungsprobe für die jungen Aktionäre, denn noch haben sie kein Crash mitgemacht.