„Ich finde Männer optisch langweilig und unansehnlich“

Interview Im Jahr 2009 sprach unser Autor Thomas Frank mit Norbert Tadeusz über seine Obsession für Frauen, den katholischen Glauben und Italien.

Norbert Tadeusz im Jahr 2010. Ein Jahr später starb der Maler in seinem Düsseldorfer Atelier.

Foto: Michael Dannenmann

Herr Tadeusz, warum sind Sie so besessen vom weiblichen Körper?

Norbert Tadeusz: Ich kann mit Männern nichts anfangen. Ich finde Männer optisch langweilig und auch unansehnlich. Wenn, dann verliebe ich mich ja in einen weiblichen Körper, in das Modell. Also ich erwarte von den Modellen nichts, aber ich bin verliebt in die Erscheinungen und dabei bleibt’s. Aber in einen Mann könnte ich mich nicht verlieben. Also ich habe viele Männer gezeichnet, da ist gar nichts, es interessiert mich nicht.

In Ihren Bildern stoßen die Betrachter immer wieder auf rätselhafte, mitunter sinnlos anmutende Szenen. Mögen Sie absurdes Theater?

Tadeusz: Es ist mir näher, als wenn es um Inhalt ginge, aber absurdes Theater hat ja auch Inhalt. Ich möchte aber meistens Inhalt umgehen. Wenn ich in Kirchen oder in Museen in Italien viele Figuren sehe, dann stelle ich immer fest: Nicht alle Handlungen verstehe ich. Und ähnlich gehe ich vor: Ich habe keine Geschichte, ich multipliziere und addiere und versuche dann daraus ein Konglomerat zu schmieden, das auch einem Ornament gleicht.

Sie arrangieren Ihre Gemälde-Szenen von einer Leiter aus. Sind Sie ein Bild-Regisseur?

Tadeusz: In jedem Fall. Ich komponiere und male so lange an einem Bild, bis es ins Rechteck passt. Und da brauche ich bestimmte Dinge, und nur an dieser Stelle dürfen die sein und nirgendwo anders. Von daher können Sie das schon als Choreographieren sehen. Und von oben gesehen, also von der Leiter, vom Gerüst, sieht die Welt völlig anders aus.

Wie kamen Sie denn dazu, aus der „Vogelperspektive“ zu malen?

Tadeusz: Raummangel. Wenn man eine Weile in einem 36-Quadratmeter-Atelier arbeitet, stellt man fest: Irgendwie muss ich mich jetzt verändern, muss eine andere Position einnehmen. Und in Anbetracht der Leute, die ich verehre, die die großen Bilder in den Kirchen gemalt haben, die mich auch vom Gottesdienst abgelenkt haben als Jugendlichen (lacht), will man dann natürlich auch nach oben in den Raum, um nicht immer auf dem Boden zu bleiben.

Sie sprechen die Kirchen an. Sie sind katholisch geprägt. Wie hat sich das auf Ihre Kunst ausgewirkt?

Tadeusz: Die meisten Bilder fasse ich so auf wie eine Cella, also da, wo sich der Eremit verkriecht und versucht, mit sich klar zu kommen. Und ich verstehe die Welt sinnlich, nicht so leergefegt und sauber.

Sie reisen auch immer wieder nach Italien, um dort zu arbeiten. Was fasziniert Sie an dem Land?

Tadeusz: Das bringt mir sinnlich mehr als im feuchten, trüben Düsseldorf. Dort kann ich auch besser arbeiten. Ich mache das ja nur, sobald ich Geld habe und hier mein Atelier halten kann. Sonst würde ich in Kopenhagen arbeiten oder leben. Da lebt mein Schwager sehr gut. Der kann das, ich kann das nicht.