Katholischer Kunst- und Kulturpreis Auszeichnung in Solingen: Tänzerin Lia Rodrigues verwandelt Schmerz in Tanz

Solingen · Die brasilianische Tänzerin und Sozialarbeiterin Lia Rodrigues ist in Solingen ausgezeichnet worden. Sie ist Pina Bausch in den 80ern begegnet.

Intendant Peter Limbourg (Deutsche Welle, links), Bischof Georg Bätzing und Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (r.), überreichten den Preis an Tänzerin Lia Rodrigues.

Foto: Tim Oelbermann

Die brasilianische Tänzerin und Sozialarbeiterin Lia Rodrigues (Jahrgang 1956) ist jetzt in Solingen mit dem  Kunst- und Kulturpreis der deutschen Katholiken in der Kategorie Tanz ausgezeichnet worden. Der Preis wird seit 1990 abwechselnd alle zwei bis vier Jahre in den Sparten Literatur, Architektur, Musik, Film, Bildende Kunst und Theater  von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) verliehen. In diesem Jahr erstmals in der Kategorie Tanz. Der Kunst- und Kulturpreis ist die höchste Auszeichnung der katholischen Kirche auf dem Kultursektor. Die Auszeichnung ist mit 25 000 Euro dotiert.

„Tanzt, tanzt – sonst sind wir verloren“, mit diesem Zitat von Pina Bausch begrüßte Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) die  300 geladenen Gäste am Dienstagabend im Pina-Bausch-Saal des hiesigen Theaters und Konzerthauses.

Der Stadtchef erinnerte daran, dass sich Ende der 80er Jahre die in Solingen geborene Choreografin Pina Bausch und die Preisträgerin Lia Rodrigues begegnet sind: „Die damals völlig neue Kunstgattung ihrer Stücke hat Lia Rodrigues geprägt“, sagte Kurzbach, bevor in Filmsequenzen Tanzszenen aus „Companhia de Danças“ zu sehen waren. Rassismus, Gewalterfahrungen, Macht und Ohnmacht – das sind Themen, die die Brasilianerin nicht nur in ihren Stücken verarbeitet. In ihrer Kompanie arbeiten Menschen verschiedenster Herkunft, Geschlechter und Körperformen. 2004 öffnete sie ihre 1990 gegründete Companhia de Dancas für begabte Tänzer aus den Favelas.

Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, würdigte die Preisträgerin für ihre mutige Haltung des Widerstands, die sich im Tanz ausdrücke. „Es ist eine große Freude, dass Sie heute hierher kommen konnten“, sagte Bätzing und bedauerte, dass das großartige Ausdruckspotenzial der Tanzkünste im kirchlichen Kontext zu lange nicht angemessen wahrgenommen worden sei. „Somit will diese Preisverleihung als kirchen- und kulturpolitisches Statement für die längst überfällige Rehabilitierung des Tanzes im kirchlichen Kontext verstanden werden.“

Die Preisträgerin hatte sich zum Festakt eine getanzte Laudatio gewünscht. Die ebenfalls aus Brasilien stammende Tänzerin Ruth Amarante – bekannt aus dem Kinofilm „Pina“ – erfüllte ihr diesen Wunsch mit einer beeindruckenden Tanzperformance.  Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle, hob in seiner Laudatio hervor, dass Lia Rodrigues sich alle Mittel für ihre Tanzschule selbst beschaffen musste: „Die Regierung in Brasilien interessiert das nicht. Der Kulturpreis ist heute gut angelegt. Ihre Tanzstücke entstehen in Gemeinschaft mit den Ärmsten.“ Lia Rodrigues wolle, dass Kultur für alle da ist, nicht nur für die Eliten. Das sei umso wichtiger, je polarisierter die Gesellschaften seien. Limbourg gratulierte zur Preisträger-Wahl, merkte aber auch an: „Ist es nicht höchste Zeit, dass Frauen in der katholischen Kirche die gleichen Rechte bekommen?“ Die Gäste im Saal applaudierten.

Bischof Georg Bätzing und Professor Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken: „Wir als Kirche wollen für den Tanz Lobbyisten sein.“ Und Sternberg betonte: „Mich hat sehr beeindruckt, als Frau Rodrigues sagte, sie sei mit ihrem Tanztheaterprogramm nicht als Lehrende, sondern als Lernende in die Favela Maré gegangen.“

Lia Rodrigues dankte der Jury für die Auszeichnung:  „Ich fühle mich sehr geehrt, zu den Empfängern zu gehören. Ich glaube, dass jeder von uns, der einen privilegierten Platz in der Gesellschaft einnimmt, die Pflicht hat, dazu beizutragen, dass wir in einer weniger ungleichen Welt leben können.“