Interview: Durch Film zum Leben

Claude Chabrol, der Altmeister des Films, plaudert über sich, den neuen Film und Gérard Depardieu.

Monsieur Chabrol, seit 50 Jahren drehen Sie in schöner Regelmäßigkeit einen Film nach dem anderen, wäre Ihnen ohne die Filmerei langweilig?

Chabrol: Wie schrecklich! Was würde ich denn sonst machen? Reisen vielleicht? Nein, nein. Für mich ist es Routine, und ich mag Routine. Was sollte ich sonst tun? Die Filme der anderen gucken? Und am Ende wird man noch übellaunig, weil die einem nicht gefallen. Dreht man seine eigenen, mag man sie und sagt: Hm, nicht schlecht.

Chabrol: Nein, da gibt’s keinen Druck, weil ich Realist bin. Ich plane keine überteuerten Projekte. Meine sind alle sehr vernünftig kalkuliert, warum sollte man sie also nicht drehen? Sie wissen genau, was sie mit meinen Filmen verdienen können. Deshalb gibt es keine Probleme.

Chabrol: Es gab schon mehrere Projekte, die dann aber aus verschiedenen Gründen nicht zustande kamen. Vor drei Jahren haben wir beschlossen, dass wir endlich zusammen drehen wollen. Ich bedauere es aber nicht, dass wir erst bei dieser Produktion zusammen gekommen sind, weil ich Gérard mittlerweile viel besser kenne, und ihm dadurch die Rolle noch viel besser auf den Leib schreiben konnte.

Chabrol: Nein, ich schreibe sonst nicht für einen bestimmten Schauspieler. Aber in diesem Fall sollte ihm die Figur sehr ähneln. Es sollte fast eine Art Portrait von Gérard werden. Bellamy ist der Versuch, eine Persönlichkeit wie Gérard Depardieu zu verstehen.

Chabrol: Ja! Großartig! Und er hat eine Nase (lacht), die ist wirklich außergewöhnlich. Es ist die außergewöhnlichste Nase, die ich kenne. Zwei Pobacken mitten im Gesicht, das ist schon selten.

Chabrol: Eigentlich überall, morgens in der Badewanne. Ich bin nämlich wie Kleopatra und nehme einstündige Schaumbäder, dabei arbeite ich sehr viel. Es arbeitet überhaupt permanent in meinem Kopf. Und auf einmal - zack - steht der Film. Ohne dass ich mir Notizen mache. Wenn ich Notizen machen muss, ist das, was mir eingefallen ist, nicht so gut. Denn wenn es gut ist, erinnere ich mich daran.

Chabrol: Unverzichtbar ist ein guter Plot. Und dann ist wichtig, dass die Figuren nicht darin verschwinden, sondern dass sie ein Eigenleben haben, und nicht nur wie Schachfiguren hin und her geschoben werden.

Chabrol: Ja, ich habe mir einen Polizisten ausgedacht, der in einem Fall ermitteln muss und gleichzeitig Probleme in der Familie hat. Der Versicherungsbetrug, mit dem er zu tun bekommt, ist übrigens tatsächlich passiert, obwohl er absolut unglaubwürdig klingt.

Chabrol (lacht): Es ist die absurdeste Szene des ganzen Films, obwohl sie auch auf einer wahren Begebenheit beruht.

Chabrol: Es ging mir nie um Karriere, kein Filmemacher will Karriere machen, er will Filme drehen. Karriere, was für eine Karriere denn? Mit ist wichtiger, dass die Filme, die ich gedreht habe, nicht jeweils für sich betrachtet werden, sondern als etwas Zusammenhängendes, das eine Bedeutung hat.

Chabrol: Wenn sich das jemand antun will, bitte. Aber das wird Arbeit, denn es sind eine Menge Filme. Die Gesamtkollektion meiner Filme wird ziemlich teuer.

Chabrol: Für sie ist es natürlich einerseits gut, weil sie einen guten Job haben. Andererseits sind die anderen am Set ihnen gegenüber misstrauisch. Denn wer weiß, worüber wir abends beim Essen reden und ob sie nicht jemanden in die Pfanne hauen.