Kabarettist Georg Kreisler gestorben
Wien/Salzburg (dpa) - „Wenn man sich die Welt anschaut, gibt's eigentlich wenig zum Lachen“, sagte Georg Kreisler einmal. „Wer kann denn lachen über Hunger, Entfremdung oder Armut?“
Ein irritierender Satz von jemandem, von dem man eigentlich immer einen - wenn auch bitteren - Witz erwartete. Schließlich war genau das der Zug, für den ihn seine Fans liebten. Nun ist Kreisler im Alter von 89 Jahren in einem Krankenhaus in Salzburg an einer schweren Infektion gestorben.
Kabarettist, Musiker, Schriftsteller - der Künstler Kreisler mit der auffälligen Brille und der markanten Stimme hatte viele Seiten. Das „Hamburger Abendblatt“ etwa bringt seine Schattierungen auf die Formel: „Er war ein Anarchist, ein Gegen-den-Strich-Schreiber, ein hellsichtiger Schwarzmaler, ein Meister des Dazwischen.“
Die bekannteste Seite Kreislers war dabei nicht jene, die er selbst am meisten liebte. Seinen Hit „Tauberln vergiften im Park“ nannte er später einmal banal. Viel wichtiger war ihm das Schreiben.
Tatsächlich gelang ihm mit dem Musical „Heut Abend: Lola Blau“ ein Renner auf deutschsprachigen Bühnen. Auch „Adam Schaf hat Angst“ oder zuletzt 2009 die moderne Oper „Das Aquarium oder die Stimme der Vernunft“ brachten ihm großen Erfolg ein.
Zeitlebens regten ihn die düsteren Themen des Alltags an, erklärte er einmal der Nachrichtenagentur dpa. Seinem Unmut über gesellschaftliche Stimmungen oder politische Themen machte er in scharfzüngigen Liedern und Texten Luft. So entstanden Liedsammlungen wie „Everblacks“, und „Nichtarischen Arien“, das Programm „Protest nach Noten“ oder die Opernsatire „Aufstand der Schmetterlinge“.
Satirisch war auch der Blick auf seine Heimatstadt Wien, wo er am 18. Juli 1922 zur Welt kam. Frei von jeder Nostalgie entstand etwa das Lied „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“. Die Aversion hatte persönlich-politische Gründe: Der Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts musste die Stadt auf der Flucht vor den Nazis 1938 verlassen.
In Los Angeles setzte er seine musikalische Ausbildung fort und wurde US-Bürger. Als US-Soldat kehrte er nach Europa zurück und ließ mit einem ersten Soldatenmusical aufhorchen. Danach versuchte er sich Anfang der 1950er Jahre in New York als Nachtclubsänger, stieß mit seinem wienerischen Hang zum Makabren dort jedoch auf Unverständnis.
Der künstlerische Durchbruch gelang ihm schließlich, als er 1955 in seine Heimatstadt zurückkehrte und neben Helmut Qualtinger und Oscar Bronner rasch zu einer Größe des musikalischen Kabaretts wurde. Seine Songs wie „Tauberln vergiften“ oder „Zwei alte Tanten tanzen Tango“ wurden zwar vom Musikgeschäft oft ausgeblendet und vom Publikum zunächst irritiert aufgenommen, stiegen dann aber bald zu Hymnen des schwarzen Humors auf.
Boykott und Zensur begleiteten Kreisler ein Leben lang. Gleichzeitig wurde er als einer der tiefsinnigsten und facettenreichsten deutschsprachigen Kabarettisten gefeiert. Einzelne Platten verkauften sich mehr als hunderttausend Mal.
Mit seiner Kollegin und Frau Topsy Küppers lebte er einige Zeit in München und ging mit seiner neuen Partnerin Barbara Peters in den 1970er Jahren nach Berlin. Etwa 15 Jahre lebte das Paar in der Schweiz. Erst kurz vor seinem 85. Geburtstag zogen beide nach Salzburg. Für sein vielfältiges Schaffen erhielt Kreisler zahlreiche Auszeichnungen, etwa 2003 den „Prix Pantheon“. Zuletzt ehrte ihn die Stadt Bad Homburg 2010 mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis für sein Lebenswerk.