„König des Boulevards“ Curth Flatow ist tot

Berlin (dpa) - Der „König des Boulevardtheaters“, Curth Flatow, ist tot. Er starb am Samstag im Alter von 91 Jahren, wie seine Frau der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Flatow wurde mit Bühnenrennern wie „Das Fenster zum Flur“ mit Inge Meysel oder Fernsehserien wie „Ich heirate eine Familie“ mit Peter Weck populär.

Erst am Freitag hatte Flatows letztes Stück „Kundendienst“ in der Hamburger Komödie am Winterhuder Fährhaus umjubelte Premiere.

Der Berliner „Volksstück-Schreiber“, der seine größten Erfolge in den Bühnen am Kurfürstendamm feierte, war schon zu Lebzeiten eine Legende unter den Boulevardautoren im deutschsprachigen Raum. Etwa 30 Stücke stammen aus seiner Feder oder wurden von ihm mitgeschrieben. Außerdem verfasste der gelernte Modezeichner und Konfektionär die Texte zu 50 Kabarettsendungen, 30 Kinofilmen (“Der Pauker„) und 300 Chansons.

Der Altmeister des Boulevards bereitete Generationen von Theaterbesuchern und Fernsehzuschauern Spaß und Vergnügen. Zu seinen „Bühnenrennern“ gehört das mit Horst Pillau geschriebene, 1960 uraufgeführte Volksstück „Das Fenster zum Flur“ mit Rudolf Platte, in dem Inge Meysel als resolute Berliner Portiersfrau ihren späteren Ruf als „Mutter der Nation“ begründete. Aber auch Heidi Kabel, Brigitte Mira und Edith Hancke wurden damit populär. Das Berliner Volksstück gehört mit über 120 Inszenierungen zu den erfolgreichsten Bühnenstücken der deutschen Nachkriegsgeschichte. Andere mit leichter Hand geschriebene Stücke wie „Das Geld liegt auf der Bank“, „Vater einer Tochter“ und „Der Mann, der sich nicht traut“ mit Georg Thomalla wurden ebenfalls Renner.

Auch das Fernsehen wollte nach den ersten Theatererfolgen auf Flatow nicht verzichten, der für den Bildschirm Serien wie „Ein Mann für alle Fälle“ mit Harald Juhnke oder „Ich heirate eine Familie“ mit Peter Weck schrieb. Die Einschaltquoten erreichten bis zu 46 Prozent.

Was das Alter anging, betrachtete Flatow sich immer als „Schüler von Johannes Heesters“, für den er sogar ein eigenes Theaterstück schrieb - mit dem Titel „Ein gesegnetes Alter“. „Den Boulevard und sein Theater wird es immer geben, zu Hause lacht doch keiner!“ hatte Flatow noch zu seinem 90. Geburtstag der dpa gesagt. „Mit 90 schreibt man keine Theaterstücke mehr“, meinte er aber auch.

Belehren wollte Flatow mit seinen Stücken nie, aber im besten Sinne unterhalten. „Man kann das Publikum brüskieren, beschimpfen, zu Tränen rühren, man kann es erheitern - nur eines darf man nicht: Man darf es nicht langweilen!“ war seine Devise.

Sein Co-Autor Pillau erinnert sich lebhaft an die “wunderbare Zusammenarbeit mit einem fantastischen Kollegen, wir haben viel gelacht“. Mit Flatow gehe eine Ära des unterhaltsamen Theaters zu Ende, sagte Pillau der Nachrichtenagentur dpa. Der langjährige Direktor der Komödie und des Theaters am Kurfürstendamm, Jürgen Wölffer, verglich Flatow in seinem Nachruf mit Curt Goetz und Molière. „Er war wohl der erfolgreichste Komödienautor deutscher Sprache nach dem Krieg. Seine Stücke spielten nicht in Schlössern oder Hinterhöfen, sie beschrieben den Mittelstand, die Leute, die gerne ins Theater gehen. Er ließ uns über unsere Schrullen, kleinen Eskapaden, Fehltritte, Fehler, Nöte, den Alltag, den Arzt lachen - und besonders gerne über unsere Nachbarn.“