Goerg Kreisler geht auf Abschieds-Tour

Fürth (dpa) - Für Georg Kreisler ist es nur ein Abschied von der Bühne. „Es gibt deshalb keinen Grund, Adieu zu sagen“, versicherte der 88-Jährige am Dienstagabend zum Auftakt seiner Abschiedstou in Fürth.

Denn auch nach seinem Rückzug von der Bühne will er weiter schreiben und komponieren. „Da weiß man ja nie, was einem da noch so alles einfällt“, fügt er verschmitzt lächelnd hinzu. Noch in diesem Jahr sollen zwei Bücher erscheinen - an einem weiteren schreibt er. Für die Bühne aber fühlt er sich inzwischen zu alt. „Ich glaube, ich habe genug gemacht.“

Sein Alter merkt man Kreisler allenfalls beim Betreten der Bühne an; gestützt auf seine Frau Barbara Peters strebte er unsicheren Schrittes zu seinem Platz. Bei der Lesung verblüfft Kreisler dagegen mit ungemein jugendlicher, geradezu verblüffender Fantasie und Gedankenschärfe. Dabei bietet der Meister des schwarzen Humors seinem Publikum in Zeiten seichter Fernsehunterhaltung mit seinen Grotesken und Satzkaskaden nicht eben leichte literarische Kost. Kreisler, der Kunst verabscheut, die nur unterhält, verlangt von seinem Publikum volle Konzentration.

Dabei droht die von Kreisler ausgestrahlte Altersmilde gelegentlich die Galligkeit seines schwarzen Humors zu überdecken. Wer diese dennoch zwischen vermeintlich gefälligen Reimen aufspürt, dem vergeht oft das Lachen - etwa bei dem launig daherkommenden Gedicht über die brutale Ausgrenzung und Ermordung des Künstlers und Sonderlings Willibald. Zugleich spart Kreisler, der im Wechsel mit seiner Frau Barbara aus seinen Büchern „Zufällig in San Francisco“ und „Anfänge“ liest, nicht mit Selbstironie. Kulturkritisch setzt er sich mit seichter Literatur und banaler TV-Unterhaltung auseinander.

Das Fernsehen ist nach seiner Ansicht auch wesentlich für den Niedergang des traditionellen Kabaretts verantwortlich. „Viel hängt mit dem Fernsehen zusammen, das keine Gesellschaftskritik haben will und die Kabarettisten ermutigt, auf Lacher zu spielen“, sagte Kreisler in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Nach seiner Ansicht sollte man etwas von der sogenannten Comedy wegkommen „und wieder auf den ursprünglichen Begriff des Kabaretts zurückkommen. Das heißt: Kritik - Gesellschaftskritik“, betonte Kreisler.

In seinem neuesten, noch in diesem Jahr erscheinenden Buch will sich der gebürtige Wiener („Tauben vergiften“) in Kurzgeschichten mit seiner Heimatstadt auseinandersetzen; in Wien hatte Kreisler seine Jugendjahre verbracht, bevor der Einmarsch Hitler-Deutschlands in Österreich seine Eltern ins Exil zwang. Das Buch sei eine Auseinandersetzung mit der Wiener Mentalität, keineswegs aber eine Abrechnung mit der Stadt. „Ich habe überhaupt nichts gegen Wien. Aber es gibt einige leitende Figuren, die etwas gegen mich haben. Deswegen bin ich selten dort.“