Michel Houellebecq versucht sich als Regisseur
Die Verfilmung seines Romans „Die Möglichkeit der Insel“ gelingt ihm nur bedingt.
Locarno. Michel Houellebecq ist unter die Regisseure gegangen. Seinen Roman "Die Möglichkeit einer Insel" (2005) verfilmte er selbst und schrieb auch das Drehbuch. Die französisch-spanisch-deutsche Koproduktion war nun erstmals in einer Nebenreihe des Filmfestivals von Locarno zu sehen.
Dementsprechend groß war der Andrang bei der Pressekonferenz. Doch der menschenscheue Schriftsteller machte seinem Ruf alle Ehre und erschien nicht.
Den Interviewreigen am nächsten Tag absolviert der als schwierig geltende Skandalautor von "Elementarteilchen" dann brav und geduldig. Mit seiner Frau sitzt er im Gartenrestaurant des schicken Hotel Esplanade hoch über dem Lago Maggiore und spielt nervös mit der leeren Schachtel Zigaretten.
Ob es ihm schwer gefallen sei, das Medium zu wechseln und in Bildern statt in Worten zu denken? Nein. "Auch beim Schreiben denke ich nicht, ich lasse die Worte einfach fließen." Der Film entspreche in vielem der Vision, die er beim Schreiben hatte.
"Die Möglichkeit einer Insel" erzählt eine Geschichte aus der Zukunft. Der Klon Daniel 25 (Benoit Magimel) blickt auf das Leben seines Vorgängers und Originals Daniel 1 zurück, das dieser in schriftlicher Form seinen Klonen hinterlassen hat.
Die Umwelt ist verseucht, weshalb Daniel 25 unterirdisch lebt. Eine überaus düstere Vision, die Houellebecqs nihilistische Weltsicht spiegelt. Sex spielt, wider Erwarten und im Gegensatz zur Vorlage, keine Rolle. Sex bleibe Teil der Literatur, im Film wirken Sexszenen eher wie Pornografie, meint Houellebecq. Die Literaturverfilmung wurde mit Geldern der Filmstiftung NRW unterstützt. Teile der Postproduktion entstanden in Düsseldorf. Er sei gerne in Deutschland. "Die Deutschen sind sehr gut organisiert. Das ist zwar ein Klischee, aber macht die Arbeit leichter."
Dem Film merkt man leider an, dass Houellebecq kein Regisseur ist. Er hat das Drehbuch im Gegensatz zum Roman stark verändert und dramaturgisch ungeschickt aufgebaut. Nebenschauplätze rücken ins Zentrum, etwa eine Sekte, die das ewige Leben predigt.
Er verzichtet im Film auf viele Erklärungen, die es demjenigen, der das Buch nicht kennt, fast unmöglich machen, der Handlung zu folgen. Alles wirkt maniriert, abgehackt und entwickelt keinen Fluss. Erst am Ende, wenn Daniel 25 ins Freie tritt, in eine bizarre Kraterlandschaft entwickelt der Film eine Art Größe. Der Name Houellebecq wird sicher trotzdem für die nötige Aufmerksamkeit sorgen.
Ob denn die Welt in den Jahren nach Erscheinen des Buches seiner Vision etwa in Bezug auf Klonen näher gekommen sei? "Ja. Das ist zwar keine kontinuierliche Entwicklung. Aber irgendwann wird ein Mensch geklont werden. Da bin ich sicher."