Ruhrfestspiele starten mit Shakespeares „Sturm“

Recklinghausen (dpa) - Einer breiten Öffentlichkeit ist er vor allem durch seine Rollen als Tatort-Kommissar und als Ermittler in der Krimi-Serie „KDD Kriminaldauerdienst“ bekannt.

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Auch als Prospero in William Shakespeares Alterswerk „Der Sturm“ sicherte sich der Schauspieler Manfred Zapatka am Samstagabend bei der Eröffnung der Ruhrfestspiele den Löwenanteil des Beifalls auf Recklinghausens Grünem Hügel. Es ist das alte und immer wieder bewährte Rezept des Star-Theaters: Zapatka soll auch Zuschauer locken, die sonst selten oder gar nicht ins Theater gehen.

Der isländische Regisseur Gísli Örn Garðarsson gab sich bei der Inszenierung des Klassikers als junger Wilder: Er dekonstruierte nach allen Regeln der Kunst Shakespeares „Sturm“. Übrig blieb ein Alptraum über Diktatur, Gewalt, Folter und Tod im 21. Jahrhundert. Börkur Jónsson hatte sich zu seinem Bühnenbild, einem System von Käfigen, von Fotos und Fernsehfilmen über Guantanamo und Abu Ghraib anregen lassen.

Die meisten Regisseure deuten Prospero, die Hauptfigur, als guten Menschen. Als junger Herzog von seinem Bruder verjagt, ist er im Exil gereift, und um das Unrecht wieder gut zu machen, ergreift Prospero umsichtig die Initiative. Anders Garðarssons Interpretation: Prospero ist im Exil verbittert. Er wirft sich zum Despoten auf, entwickelt sich zum sadistischen Kerkermeister. Alle Mitmenschen verachtet er als unter ihm stehend: So ermächtigt er sich selbst - ein absoluter Herrscher.

In Zeiten der Demokratie unzeitgemäß? Keineswegs: Offenbar fürchtet der junge isländische Regisseur wie viele die Gefahr einer Wiederkehr des Totalitarismus angesichts des Anspruchs von Geheimdiensten, alles und alle zu überwachen. Garðarssons scharfsinnige Inszenierung mischt Attacken auf die Terroristenhysterie mit Szenen, die manchmal an Goya, dann wieder an bluttriefende Videospiele erinnern. Das spielfreudige, hochkarätige Ensemble trägt kraftvoll die ästhetisch anspruchsvolle und politisch brisante Aufführung, die allerdings auch anfechtbar ist: Sie ist allzu unübersichtlich. Wer Shakespeares „Sturm“ nicht gut kennt, geht leicht in der windgepeitschten Inszenierung unter.

Die politische Interpretation des Stückes passt gut nach Recklinghausen. Auf Initiative von Bergleuten und Künstlern ins Leben gerufen, stehen die Ruhrfestspiele, wie das renommierte Festival d'Avignon in Frankreich, in der Tradition der Arbeiterbewegung. Einer der Träger der Festspiele ist der Deutsche Gewerkschaftsbund.

Unter dem Motto „Inselreiche. Land in Sicht - Entdeckungen“ präsentieren die Ruhrfestspiele bis zum 15. Juni viele Bühnenstoffe großer Insulaner, wie etwa der Iren Samuel Beckett oder James Joyce. Dabei ist Zapatka nicht der einzige prominente Schauspieler. In Luc Bondys Inszenierung von Marivaux' „Falschen Vertraulichkeiten“ wird in Recklinghausen auch die Schauspielerin Isabelle Huppert zu sehen sein.