RuhrTriennale sucht sinnlich das Übersinnliche
Theater: Der neue Leiter des Festivals stellt den Spielplan vor. Weltreligionen stehen im Zentrum.
Bochum. Sein Thema ist die Stille zwischen den Wörtern, seine Sprache der Klang mächtiger Chöre und Orchester: Der neue Intendant der RuhrTriennale, Willy Decker, begibt sich in seinem Drei-Jahres-Zyklus mit dem renommierten Ruhrgebietsfestival auf einen sehr persönlichen und eigentlich kargen Weg - die Suche nach Spiritualität und religiösen Urmomenten. Dies tut der gelernte Opernregisseur, der in diesem Sommer startet, aber mit prächtig angelegten und sinnlichen Großproduktionen.
Mit 200 Musikern auf der Bühne bei seiner Eröffnungspremiere, Schönbergs Oper "Moses und Aaron" (22.8.), Trompetern im Dach der gewaltigen Jahrhunderthalle und einem Chor, der zur Einstimmung auf die Eigenproduktion "Tamar" des österreichischen Komponisten Rupert Huber über eine orientalische Dattelpalme extra zum Sultan von Oman gereist ist. Für ein Stockhausen-Stück will Huber drei Tänzer und fünf Musiker sogar gemäß dem alttestamentarischen Ritus öffentlichkeitswirksam vier Tage fasten lassen (Stockhausen: "Goldstaub", Fastenbeginn 19., Premiere 23.9.).
Religiöses nicht im Sinne von Kirche, sondern von spiritueller Sinnsuche und Verknüpfung mit der Kunst steht drei Jahre lang im Mittelpunkt des Theater- und Opernfestivals in ausrangierten Industrieanlagen des Ruhrgebiets. 2009 startet die Triennale unter dem Motto "Aufbruch. Suche nach dem Wort" mit dem Judentum. 2010 und 2011 folgen Islam und Buddhismus. 30 Produktionen sind von Mitte August bis Mitte Oktober geplant, 40000Besucher werden erwartet.
Mit der Bühnenadaption von Joseph Roths Familiensaga "Hiob", inszeniert von dem Niederländer Johan Simons, setzt Decker die Auseinandersetzung mit der jüdischen Tradition fort. Im Literaturteil gibt es u.a. Lesungen von Texten der in Wuppertal geborenen jüdischen Autorin Else Lasker-Schüler. Der israelische Dichter Amos Oz kommt aus Israel, um aus seinen Werken zu lesen. "Wir müssen mehr und vor allem gehaltvoller miteinander reden", fordert Decker für das Zusammenleben von Juden und Christen. Dazu soll auch das Projekt "Dritte Generation" der israelischen Regisseurin Yael Ronen mit deutschen, palästinensischen und israelischen Schauspielern beitragen.
Sein Rahmenthema Spiritualität werde angesichts der Wirtschaftskrise noch an Bedeutung gewinnen, prognostizierte Decker. Vor ganz irdischen Finanzproblemen schützt ihn das nicht: Die Sponsorensuche verlaufe derzeit enttäuschend, berichtete Decker. Immerhin steht die Finanzzusage des Landes mit insgesamt knapp 40 Millionen Euro für drei Jahre, wie Kultusstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff (CDU) versprach.