Das Multitalent Rossellini

Die schöne Schauspielerin urteilt als Jury-Präsidentin bei der Vergabe des Goldenen Bären in Berlin.

Berlin. Sie ist schön, intelligent und schafft es — trotz des Erfolgs und ihrer Vielseitigkeit — bescheiden zu bleiben: Isabella Rossellini ist Schauspielerin, Regisseurin, Journalistin, Autorin und Geschäftsfrau.

Berühmt wurde vor allem erst einmal das Gesicht der heute 58-Jährigen: In Rom geboren düste sie mit 18 nach New York, wo die damalige italienische Modedesignerin und Journalistin als Exklusivmodel für die Kosmetikfirma Lancôme unter Vertrag kam. Innerhalb kurzer Zeit wurde sie zum bestbezahlten Top-Model der Kosmetikbranche. Dann kam das Filmgeschäft.

Der Anfang dort war nicht einfach. Die Tochter der Hollywood-Legende Ingrid Bergman („Casablanca“) und des italienischen Star-Regisseurs Roberto Rossellini („Rom, offene Stadt“) stand im Schatten der berühmten Mutter. „Die Medien verglichen mich ständig mit ihr.“ Rossellinis Filmdebüt an der Seite Bergmanns in „Nina — Nur eine Frage der Zeit“ (1976) wurde kaum beachtet.

Der Durchbruch gelang ihr in der Rolle der misshandelten Nachtclubsängerin Dorothy Vallens in David Lynchs „Blue Velvet“ von 1986. Der vielschichtige Psycho-Thriller sorgte wegen seiner Nacktszenen und Brutalität für heftige Kontroversen.

Rossellini, deren Ehe mit Regisseur und Produzent Martin Scorsese („Taxi Driver“) 1983 nach nur vier Jahren geschieden wurde, verliebte sich während der Dreharbeiten in Lynch. Das Paar lebte mehrere Jahre zusammen. Zu ihrer beruflich mit „Wild at Heart — Die Geschichte von Sailor und Lulu“ 1990 noch einmal sehr erfolgreichen Beziehung mit David Lynch sagte Rossellini: „David war die größte Liebe meines Lebens.“ Als er sie wegen einer anderen Frau verließ, sei sie zusammengebrochen. Geholfen habe ihr eine alte Volksweisheit: „Wenn du am Boden zerstört bist und nicht weißt, was du tun sollst — tu gar nichts! Warte einfach ab, bis Zeit vergeht! Und ein oder zwei Jahre später kommt das Leben zu dir zurück.“

Schon als Kind hatte Rossellini nicht immer nur Sternstunden erlebt. Als sie fünf Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern. Sie wuchs bei einem Kindermädchen in einer Wohnung gegenüber Roberto Rossellinis Appartement in Rom auf. Isabella litt an Skoliose und musste deswegen langwierige und schmerzhafte Behandlungen über sich ergehen lassen.

Doch beruflich schien sich ihr mit der Zeit jede Tür zu öffnen: Sie begeisterte mit exquisiten, vielschichtigen Charakterstudien. Enorme Publikumserfolge feierte sie mit „Big Night“ (1996) und mit „Infamous“, einer 2006 auf dem Filmfestival Venedig bejubelten Biografie des Schriftstellers Truman Capote.

2008 präsentierte sie schließlich auf der Berlinale ihr Regie-Debüt „Green Porno“, das auch im Netz große Beachtung fand: Acht comic-ähnliche Kurzfilm-Episoden stellen das Sexualleben von Regenwürmern, Libellen, Schnecken, Bienen oder Gottesanbeterinnen dar. Isabella Rossellini spielt dabei die Tiere selbst, etwa eine Schnecke und ein Spinnenmännchen.

Bei der diesjährigen Berlinale hat sie nun den Jury-Vorsitz. „Eigentlich mag ich nicht urteilen“, sagte sie jüngst zu ihrem neuen Amt. „Ein Regisseur oder Schauspieler, der eine Auszeichnung erhält, wird für die nächsten drei Jahre Arbeit haben. Es wird deshalb schwierig werden zu entscheiden.“ Bereits mehrfach war sie in der Hauptstadt zu Besuch, „Ich komme gern nach Berlin, ich habe die Stadt in guter Erinnerung“, meinte Rossellini.

Noch immer, obwohl sie selbst längst Filmgeschichte geschrieben hat, wird Rossellini mit ihrer Mutter Ingrid Bergman verglichen. „Ich habe mich daran gewöhnt, musste ich ja“, scherzte Rossellini. Und fügte hinzu: „Ich werde ihr wirklich immer ähnlicher. Ich habe ihre Leidenschaft fürs Putzen. Ich bin unentwegt am Saubermachen und Polieren.“