Kultur der Minoer „Diskos von Phaistos“: Hymne auf die Göttin mit den Schlangen?

Rund 1000 Jahre währte die bronzezeitliche Kultur der Minoer, bis Kreta um 1450 v. Chr. von den Griechen überrannt wurde. Die Funde der Archäologie nähren vor allem Legenden.

Foto: tüc

Kreta. Seit der vermögende deutsche Kaufmann Heinrich Schliemann (1822-1890) im anatolischen Hisarlik 1871 den Spaten in die Erde rammte und dabei zwei Jahre später Troja und den (vermeintlichen) „Goldschatz des Priamos“ entdeckte, brannte halb Europa für die Idee, die griechischen Mythen-Erzählungen von Homer (vielleicht um 850 v. Chr) für bare Münze zu nehmen und sie buchstäblich auszugraben.

Nach Troja hätte Schliemann auf Kreta beinahe auch den Palast von Knossos ausgegraben. Dort herrschte Homer zufolge der sagenhafte König Minos, ein Sohn des Gottes Zeus und der Europa. Mit ihm verbindet sich die Sage vom Stiermenschen Minotaurus, der in einem Labyrinth gefangen gehalten wird, von Minos’ Tochter Ariadne und ihrem Faden, mit dem es Theuseus gelingt, das Monster zu töten, und Daedalus und Ikarus.

Schon 1878 hatte ein kretischer Hobby-Archäologe auf dem Areal von Knossos zwei Magazinräume antiker Fundstücke ausgegraben. 1886 wollte Schliemann mit dem Deutschen Archäologischen Institut eine großangelegte Grabung starten, doch wurde er sich mit dem türkischen Grundstücks-Eigentümer nicht über den Preis einig.

Das gelang 1900 schließlich dem britischen Archäologen Sir Arthur Evans (1851-1941), der innerhalb weniger Jahre auf einem Areal von 2,2 Hektar Größe eine Palastanlage mit mindestens 800 Räumen ausgrub. Für Evans war klar: Knossos war der Palast des Minos, und die verschachtelte Anlage selbst vielleicht das Vorbild für die Sage vom Labyrinth.

Alles, was Evans fand, ordnete er den Erzählungen Homers und seiner Phantasie von einer ursprünglich matriarchalischen Kultur unter, in der die Minoer (von ihm nach Minos benannt) eine Schlangengöttin anbeten. Zwei entsprechende Keramiken (siehe Foto) hatte er selbst ausgegraben.

Auch der Stier-Kult und rituelle Doppel-Äxte (Hörner und Klingen werden wegen ihrer Form als Mons-Symbole gedeutet) belegten für Evans und seine Zeitgenossen den Glauben an eine Religion mit einer oder mehreren Göttinnen im Mittelpunkt. Was die Funde tatsächlich bedeuten, ist bis heute weitgehend ungeklärt. Der Archäologe Gareth Owens glaubt, den Namen der Göttin auf dem Diskos gefunden zu haben: Ique.