Düsseldorfer Regisseur in Venedig ausgezeichnet

Der Düsseldorfer Regisseur Philip Gröning wird beim Festival in Venedig mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet.

Venedig. „Ganz großartig“, jubelte der Düsseldorfer Regisseur Philip Gröning am Samstagabend über den Spezialpreis der Jury beim Filmfestival in Venedig. Damit verlasse sein Film „Die Frau des Polizisten“ — der einzige deutsche Wettbewerbsbeitrag — den Kreis eines Festivals und werde von einem größeren Publikum wahrgenommen, sagte der 54-Jährige. Das sei auch für das oft noch tabuisierte Thema von Gewalt in Beziehungen wichtig. Seinen Preis hatte Gröning den Opfern gewidmet.

Der Film erzählt von einem Polizisten (David Zimmerschied), der seine Frau (Alexandra Finder) schlägt. Sie erduldet die Gewalt, um Körper und Seele der kleinen gemeinsamen Tochter zu schützen.

Der Preis wird für den Regisseur, der seinen Firmensitz in Düsseldorf hat, spontan nichts ändern. Er werde weiter an seinem neuen Film drehen. Das Werk solle „Mein Bruder heißt Robert und ist ein Idiot“ heißen. Gröning: „Es ist eine Geschichte über Zwillinge und Zeit.“

Herr Gröning, wie sind Sie auf die Thematik von Gewalt in Beziehungen gestoßen?

Philip Gröning: Themen kommen zu einem, das kann man sich nicht aussuchen. Wenn aber Themen zu mir kommen, überprüfe ich das sehr genau. Ich versuche dann eigentlich immer, jede Idee erst einmal zu vernichten. In diesem Fall waren die Interviews mit den vielen betroffenen Frauen, aber auch den Männern, der Moment, wo ich wusste: Das werde ich jetzt machen.

Was war der konkrete Auslöser in diesen Gesprächen?

Gröning: In den Interviews wurde klar: Das sind ganz tiefgehende Liebesbeziehungen, die schiefgehen. Außerdem gibt es diese absolute Verstrickung und Hilflosigkeit, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen. Und auch wenn man sich als Außenstehender fragt „Warum geht die Frau nicht einfach?“, dann gibt es diese Möglichkeit des Gehens in der Realität so einfach nicht. Das war sehr berührend zu merken.

Wie äußert sich das?

Gröning: Es gibt starke Abhängigkeiten — für die Männer und die Frauen gleichermaßen. Es gibt keine Gewaltbeziehung, in der nicht beide extrem abhängig voneinander — und hilflos — sind. Gewalt anzuwenden heißt auch immer, sich selbst infrage zu stellen. Der Mann (in meinem Film) ist für mich ein Verhungerter der Liebe. Er ist ja kein schlechter Mensch. Er ist ein Mensch des Mangels.

Warum haben Sie den Film in 60 Kapitel eingeteilt?

Gröning: Wenn ich das geradeheraus erzählen würde, müsstest du dich als Zuschauer sofort schützen, dich emotional so tief berühren zu lassen. Diese Kapitel geben dir die Möglichkeit, Abstand zu nehmen. Und du hast als Zuschauer so die Möglichkeit, diese Teile unbewusst neu zusammenzusetzen. Das hilft, den Film als Parabel wahrzunehmen. Denn er stellt die Frage: Was gibst du weiter — Zerstörung oder Liebe? Das ist eine fundamentale Frage, die sich eigentlich jeder Mensch stellen muss.