Ein Gottesdienst mit Soul und Rock’n’Roll
Seit 20 Jahren singen die Harlem Gospel Singers über Religion.
Zürich. Es ist ein besonderer Moment, als sich Queen Esther Marrow im Züricher Kongresshaus vom Publikum mit einem Lächeln verabschiedet. Zwei Stunden lang wurden sie und ihr Ensemble von den Fans bejubelt, die im renommierten Konzerthaus den Geist eines Gospel-Gottesdienstes, wie man ihn in Harlem feiert, hautnah spüren konnten.
Dabei begeistert nicht nur die Lebensfreude und die tiefe Religiosität, sondern auch ein Sound, der das Beste aus New Orleans, vom Broadway und aus der Welt des R’n’B, des Soul und Rock’n’Roll in einer Show miteinander verbindet. Selbst die Zuschauer, die sich anfangs noch auf ihren Stühlen zurücklehnten, sind aufgesprungen und feiern die US-Gäste lautstark.
Seit 20 Jahren kommen die Künstler um ihre charismatische Gründerin nach Europa, um in den Wintermonaten etwas von ihrer Lebensphilosophie und ihrem Glauben an Gott zu vermitteln. „Die Fans hier sind längst zu meiner zweiten Familie geworden“, sagt Queen Esther Marrow, die auch in diesem Jahr mit ihren Sängern und Musikern Weihnachten in Deutschland feiert, bevor sie an Silvester ihre NRW-Tour im Kölner Musical Dome beginnt.
Mit 22 Jahren wird die Sängerin, die heute zu den berühmtesten Gospelstars der Welt zählt, von der Jazz-Legende Duke Ellington entdeckt, der sie auf seine Sacred Concert Tour mitnimmt. Während ihrer Karriere, die sie auch zum Broadway und zum Film führt, tritt Marrow mit Größen wie Bob Dylan, Ella Fitzgerald, Chick Corea und Ray Charles auf. Zu ihren wichtigen Erfahrungen zählen die 60er Jahre, als sie an der Seite von Martin Luther King beim Civil Rights Movement für die Bürgerrechte der Schwarzen eintritt.
Heute vereint die 70-Jährige in ihrer Truppe die besten Künstler der Gospelszene, auch wenn das Repertoire längst über die klassischen Songs hinausreicht. So interpretieren die Harlem Gospel Singers bei der aktuellen Tour Bob Dylans „Knockin’ on Heaven’s Door“ genauso wie „Walking in Memphis“ von Marc Cohen. „Wichtig ist nur, dass die Titel eine klare Botschaft tragen“, sagt Marrow, deren Vorname Queen Esther kein Künstlername ist. Neu ist in diesem Jahr die Zusammenarbeit mit dem deutschen Sänger Xavier Naidoo, in dessen Studio das neue Album „Legend“ entstanden ist und der auch Songs beigesteuert hat.
Unterstützt wird sie bei der „Life is a Morning“-Tour von der Soul-Sängerin Cassandra Steen, die Marrow als Freundin adelt und bei der während der gemeinsamen Auftritte auf der Bühne der Eindruck von Mutter und Tochter entsteht. „Ich dachte, nachdem ich solange im Geschäft bin, gäbe es nichts Neues, was ich noch lernen könnte. Aber ich muss feststellen, bei Queen Esther habe ich noch sehr viel gelernt“, sagt die 30-Jährige aus Stuttgart, die schon mit Künstlern wie Bushido, Moses Pelham und Kool Savas gearbeitet hat.