Action: Harte Zeiten für Spider-Man

Im gelungenen dritten Teil der Comic-Saga kämpft Peter Parker vor allem gegen sich selbst – trotz eines Massenaufgebots an Bösewichten.

Düsseldorf. Eigentlich ist Spider-Man der Weichspüler unter den Superhelden, ein politisch korrektes Schlafmittel, der gute Mensch von New York City. So einer wie Peter Parker (Tobey Maguire) müsste selbst auf der Jahrestagung der Hobbyphysiker am Katzentisch Platz nehmen, weil niemand dieses schicksalsergebene Lächeln ertragen könnte, diese Märtyrerseeligkeit, mit der die Hühnerbrust seine ihm ungewogene Umwelt sanft begrinst.

Er streift das Cape über, dabei sitzt seine Traumfrau zu Hause und wartet

Und dann auch noch dieser Kadavergehorsam gegenüber dem Guten, dem Richtigen, dem einzig Wahren. Nächtelang hört Parker den Polizeifunk ab, nur damit er, selbst bei kleinsten Auffahrunfällen, das Cape überstreifen und den Retter geben kann. Dabei sitzt seine Traumfrau zu Hause, Mary-Jane, das American Dreamgirl mit Intellekt, wieder hinreißend gespielt von der ätherischen Kirsten Dunst. Jahrelang hatte er um ihre Gunst gebuhlt, und jetzt, da er sich ihrer sicher sein kann, macht er weiter einen auf Lonesome Cowboy. Kein Wunder, dass er nicht mitbekommt, wie die gerade erst begonnene Broadway-Karriere seiner Angebeteten den Bach runtergeht. So sucht sie Zuflucht bei ihrem Ex, Peters vermeintlich bestem Freund Harry Osborn (James Franco). Er manipuliert Mary-Jane, mit Peter Schluss zu machen. Damit trifft er Peters wunden Punkt. Und genau dahin will Harry, dorthin, wo’s weh tut. Denn seitdem er weiß, dass hinter der Maske Spider-Mans, dem Mann, der seinen Vater auf dem Gewissen hat, Peter Parker steckt, ist er zerfressen von nur einem Gefühl: Rache! Klingt nach einem Beziehungsdrama, das auch gut unter der Marke Rosamunde Pilcher laufen könnte. Und tatsächlich ist das auch die wesentliche Handlung von "Spider-Man 3", der am kommenden Dienstag in die Kinos kommt. Alles, was man in Trailern gesehen und in Interviews mit den Hauptdarstellern bereits gehört hat, sind Nebenkriegsschauplätze; die martialischen Bösewichte wie Sandman (Thomas Haden Church), ein molekulares Monster aus der Zentrifuge, oder Venom (Topher Grace), der schwarze Anti-Held mit dem Piranha-Gebiss. Dann natürlich noch der neue grüne Kobold, in den Harry Osborn sich auf seinem Rachefeldzug verwandelt. Und nicht zu vergessen die undefinierbare Masse, offenbar außerirdischer Natur, die denjenigen, der zu lange mit ihr in Kontakt kommt, zum Opfer seiner dunkelsten Begierden werden lässt. Sie, die Bösewichte des dritten Teils, sind bloße Reflexionsflächen für das eine große Thema, das die Trilogie zum Abschluss bringt: die Liebe in all ihren Auswüchsen, platonischer wie auch leidenschaftlicher Art.

Virtuos gefilmte Action in einem Film gewordenen Groschenroman

Genau dieses Kunststück, aus virtuos gefilmter Absurditäten-Action und einem Zelluloid gewordenen Groschenroman zweieinhalb mitreißende Stunden Kino zu machen, gelingt momentan in Hollywood nur einem: Sam Raimi, dem Vater der Filmversion des Spinnenmanns. Er nimmt seine Charaktere ernst, befreit sie aus der Zweidimensionalität ihrer Comicvorlage und erzählt die triviale Geschichte von Eifersucht und Missgunst, Tod und Vergebung, als gelte es, die Ilias zu bebildern. Egal, ob Spider-Man, eingefangen in waghalsigen Kamerafahrten, durch die Häuserschluchten Manhattans vor seinen Widersachern flüchtet oder Peter seiner Mary-Jane einfach nur einen kurzen scheuen Blick zuwirft. Raimi findet immer den richtigen Ton. Selbst am Ende, wenn getrauert werden muss, wenn Peter Parker zu einem theatralischen inneren Monolog ansetzt, wenn die Liebe einen Teilsieg davonträgt, wenn der Kitsch also quasi aus den Leinwandrändern hervorzuquillen droht, verharrt man als Zuschauer gebannt in seinem Sessel. So muss großes Kino sein: lebendig, romantisch, übertrieben, einfach schön. (WZ-Wertung: 4 von 5 Sternen) DATEN und FAKTEN
  • Titel: Spider-Man 3
  • Regisseur: Sam Raimi
  • Darsteller: Tobey Maguire (Peter Parker/Spider-Man), Kirsten Dunst (Mary-Jane Watson), James Franco (Harry Osborn), Thomas Haden Church (Flint Marko/Sandman), Topher Grace (Eddie Brock/Venom)
  • Genre: Action
  • Länge: 139 Minuiten
  • Verleih: Sony Pictures
  • Produktionsort/- jahr: USA 2006
  • Startdatum: 01. Mai 2007
  • FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
  • http://www.sonypictures.de/index.html/landing/spider-man-3/index.html