Berlinale: Das Gesicht der Stones

Gut gelaunt präsentieren die Rolling Stones zusammen mit dem Regisseur Martin Scorsese den Konzertfilm „Shine A Light“.

Berlin. Warten ist er gewohnt. Film für Film. Jahr für Jahr. Den Oscar bekam er erst 2007 für "Departed". In Berlin offenbart Regisseur Martin Scorsese gestern nun gut gelaunt ein weiteres Objekt seiner geduldigen Begierde: "40 Jahre habe ich mir gedacht: Irgendwann mache ich einen Film mit den Rolling Stones." Sie seien ein Teil seines Lebens, eine zeitlose Inspiration seiner Arbeit. In bester Stimmung zeigen sich an seiner Seite die vier Hauptdarsteller des 122-minütigen Konzertfilms: Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts und Ronnie Wood. "Wie ist es, sich auf der Leinwand zu sehen", will eine Journalistin wissen. Jagger gibt die Frage feixend an den wortkargen Watts weiter. "Ich hasse es", sagt er und errötet - kaum zu glauben nach mehr als vier Jahrzehnten auf allen Bühnen dieser Welt.

Keith Richards greift verzauselt in die Saiten

Für die diesjährige Berlinale ist der Coup gelungen: Die Stars präsentieren dieses perfekt ins Bild gesetzte Konzert in Deutschland als Weltpremiere. Zum ersten Mal eröffnet damit eine Dokumentation und kein Spielfilm die Festspiele. Für Fans der legendären Musiker ist sie ein Hochgenuss: Mit 16 Kameras hat Scorsese 2006 im kleinen, feinen New Yorker Beacon Theater eingefangen, wie die Show der vier funktioniert: Jaggers Hochdruck, mit dem er über die Bühne zappelt. Richards verzauseltes in die Saiten Greifen. Mit Wonne pustet er seine qualmende Kippe im hohen Bogen über die Bühne. Wood, der den Blick seiner Kollegen sucht und konzentriert das Spiel zusammenhält. Und Watts, der am Schlagzeug Stück für Stück solide Rockmusik abliefert - professionell und ohne Allüren. 18 Songs spielen die Stones. Scorsese zeigt sie in voller Länge. Von "Jumpin’ Jack Flash" über "Just my Imagination", "Loving Cup", "As Tears go by" zu "Sympathy for the Devil" und "Satisfaction". "Ich wollte so nah wie möglich an ein Live-Konzert kommen", erklärt der Filmemacher. Das ist ihm gelungen. Die Kamera blickt den Rockern ins Gesicht und über die Schulter. Sie erhascht Augenblicke der Verständigung, fängt ihren jungenhaften Spaß ein.

"Und wie lange wollt Ihr das noch machen?"

"Das ist ja ein Puppenhaus", sagt Jagger in dem im grobkörnigen Schwarzweiß präsentierten Filmintro, als er ein Modell der Bühne begutachtet. Scorsese lässt die Puppen tanzen bei diesem so intimen Zusammentreffen von Band und Publikum. Einen komischen, manchmal auch ironischen Unterton leistet er sich mit wenigen Szenen, die er zwischen die Songs geschnitten hat. Interviews mit Jagger nach der zweiten Platte, nach der zweiten Tour durch die USA, nach seiner Zeit im Gefängnis. Und immer wieder die Frage: "Wie lange wollt Ihr das noch machen?" Einmal antwortet der blutjunge Jagger, dass er sich leicht noch mit 60 als Rockmusiker vorstellen könne. Und recht hat er. Nur an manchen Stellen bekommt die Mission eine seltsame Note: Im Zeichen des Wahlkampfes gibt es für Familie Clinton einen ganz besonderen Auftritt. Vor dem Konzert begrüßen die Musiker brav die ganze Familie samt der Mutter der zurzeit omnipräsenten Hillary Clinton. Händeschütteln, Küsschen, Umarmung. Zudem garniert Scorsese sein beachtliches Werk mit selbstverliebten eigenen Auftritten: Erst im letzten Moment bekommt er die immer wieder angefragte Setliste. Am Telefon lässt Jagger ihn zappeln. Künstler eben - sagt uns hier jemand mit einem Augenzwinkern. Danke. Aber diese Männer wollen wir lieber singen sehen.

Die Rolling Stones

Historie Die Geschichte der Rolling Stones beginnt angeblich Ende Oktober 1961 auf einem Bahnsteig in Dartford in der Grafschaft Kent. Mick Jagger ist auf dem Weg zur London School of Economics. Er trifft Keith Richards, der auf dem Weg zum Londoner Sidcup Art College ist. Die beiden kennen sich aus früheren Schuljahren. Jagger trägt Schallplatten von Chuck Berry und Muddy Waters unter dem Arm. Beide begeistern sich für diese Künstler und verabreden sich zum Musikhören und um Rock ’n’ Roll und Blues zu spielen. Zunächst proben sie als "Little Boy Blue and the Blue Boys". Ihren ersten Auftritt am 12. Juli 1962 im Marquee Club in London aber haben sie bereits als "The Rolling Stones". Erfolge Die erste Langspielplatte der Stones erscheint am 26. April 1964 und belegte elf Wochen lang den ersten Platz der UK-Charts. Es ist erst der Anfang einer mehr als 40 Jahre dauernden Erfolgsgeschichte. Bis heute gilt für die "dienstälteste" Rockband der Welt: Noch immer sind die Stones eine der besten Livebands der Welt. Gegenwart Für März 2008 ist das neue Album der Rolling Stones, "Shine A Light", angekündigt.