Clint Eastwoods letzter Film

Bei dem Film „Gran Torino“ über den Rassismus in der Vorstadt führt Clint Eastwood nicht nur Regie. Er spielt auch die Hauptrolle – und zwar meisterlich.

Düsseldorf. Sein verkniffener Mund bebt manchmal. Dann kommen Laute aus ihm hervor, die sich anhören, als würde er knurren. Nein, Walt Kowalski ist kein Menschenfreund. Mit der Flinte vertreibt er die Nachbarn von seinem Grundstück und stößt selbst bei der Beerdigung seiner Frau die Verwandten vor den Kopf. Der 78-jährige Clint Eastwood spielt diesen eigenbrötlerischen Grantler selbst - und erinnert dabei manchmal an einen gealterten Dirty Harry.

Bei seinem 66. Film als Schauspieler und seiner 29. Regiearbeit beweist sich Eastwood wieder einmal als ein Meister beider Disziplinen und als großer Humanist, der den Finger in die Wunden der Gesellschaft legt. Sein Kowalski ist ein Veteran des Korea-Krieges, der nur schwer mit der Last der Vergangenheit leben kann.

Außerdem ist seine Nachbarschaft in den Suburbs von Detroit zunehmend von Immigranten aus Laos und Vietnam bevölkert. Die Konfrontation mit deren Kultur und Sprache bringt für Walt Erinnerungen an vergangene Gräueltaten hervor, die er lieber verdrängt lassen möchte. Das Leben im heruntergekommenen Viertel ist geprägt von Arbeitslosigkeit, Gangs, Gewalt und Drogen. Walt möchte damit eigentlich nichts zu tun haben und zieht sich vor dem Leben zurück in seine Garage. Dort hegt und pflegt er nicht nur seinen 1972er Gran Torino, ein wunderschönes Auto, sondern auch seine tausend Werkzeuge, die noch aus einer Zeit stammen, in der Männer Probleme noch selbst in die Hand genommen haben.

Walt Kowalski ist ein Zyniker und Menschenfeind. Sein Hohn und Spott machen auch vor dem jungen Priester der Gemeinde nicht halt, der sich vorgenommen hat, den alten Mann noch zum Positiven zu bekehren. In köstlichen Szenen prallen die Welten aufeinander, nicht nur die des Atheisten und die des Gottesmannes, sondern auch die des Kriegsveteranen mit seinen fremden Nachbarn, die teilweise nicht mal Englisch sprechen. Für Kowalski sind das alles nur Schlitzaugen, und das ist noch eines der netteren Worte, die er für sie findet.

So bietet der Film vor allem in der ersten Hälfte großartige Unterhaltung. Regisseur Eastwood spielt gekonnt mit rassistischen Klischees, etwa wenn Kowalski, der Hundehalter, seinen Nachbarn vorwirft, die netten Vierbeiner zu essen. Die wiederum kontern, dass Amerikaner nur Dinge essen, die nach nichts schmecken. Über das Essen findet denn auch eine erste Annäherung statt. Als ein Gangkrieg ausbricht und seine Nachbarn bedroht werden, sieht sich Kowalski - auch vielleicht als eine Art Wiedergutmachung für begangene Taten - genötigt, selbst einzugreifen.

So erfährt der großartige Film ungefähr in seiner Mitte einen Umschwung: Vom komödienhaften und überspitzten Auftakt wechselt "Gran Torino" zur ernsten Tonart eines Dramas und endet schließlich als Tragödie. Kowalski macht einen Wandel durch, lernt Toleranz und kommt zu einer überraschenden Einsicht. Und wie Eastwood als Regisseur diese Veränderung erzählt, nämlich unsentimental und trotzdem sehr anrührend und glaubhaft, zeigt, wie gut er Stimmungen und gesellschaftliche Zustände filmisch spiegeln kann, wie viel Ernsthaftigkeit und wahres Leben in seinen Filmen stecken.