Frost/Nixon: Die Spielregeln der Macht
Kino: In „Frost/Nixon“ zeigt Regisseur Ron Howard, wie spannend gut gemachtes Politkino sein kann.
Düsseldorf. Es sollte nur ein "dicker, nasser Kuss" werden, das Interview mit Showmaster David Frost. Richard Nixon, zum Rücktritt gezwungener 37. Präsident der Vereinigten Staaten, meint, ein leichtes Spiel mit dem britischen TV-Mann zu haben. Und er hofft, sein negatives Image in der Bevölkerung ein bisschen verbessern zu können.
David Frost und Richard Nixon treffen sich tatsächlich 1977 zu vier Interview-Sessions. Die TV-Übertragung sorgte für die höchsten Einschaltquoten einer Informationssendung in der Geschichte des amerikanischen Fernsehens. Nixon hatte sich nie vor einem Gericht für die Korruptions- und Spionage-Vorwürfe in Zusammenhang mit Watergate verantworten müssen.
Durch das Fernsehen hoffte die Bevölkerung, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen und vielleicht auch einen reumütigen Präsidenten zu erleben. Doch der eitle, etwas unbedarfte Showmaster Frost geht etwas naiv an die Sache heran und merkt erst spät, dass es doch schwerer ist, einen alten Machtmenschen wie Nixon in die Ecke zu drängen.
Wie in einem Boxkampf geht es in den Interviews um Taktik: Hier ausweichen, da einen linken Haken setzen, den anderen in die Ecke drängen. Dann wieder eine Auszeit nehmen für Beratungen mit dem Team. Und wie Ron Howard das Ganze in Szene setzt, lässt mitfiebern wie in einem Duell zweier ungleicher Gegner, aus dem der Underdog letztlich doch - ganz hollywoodtauglich - als Gewinner hervorgeht.
"Frost/Nixon" beruht auf dem gleichnamigen Theaterstück von Peter Morgan. Nach der Premiere in London 2006 wechselte es an den Broadway und räumte mehrere Tony-Awards ab. Regisseur und Oscar-Preisträger Ron Howard ("A Beautiful Mind") übernahm für seine Verfilmung die beiden Hauptdarsteller - glücklicherweise.
Denn Michael Sheen (Tony Blair aus "The Queen") und Frank Langella ("Good Night and Good Luck") spielen ihre Rollen hervorragend, konzentriert, auf den Punkt. In beiden Gesichtern spiegeln sich die Unsicherheiten, die Ängste, die eitlen Erwartungen, die sie an das Interview knüpfen - die Hoffnungen zweier Männer, die bessere Zeiten gesehen haben. Frank Langella wurde zurecht für den Oscar nominiert.
Wer glaubt, er müsse nun ein abgefilmtes Theaterstück sehen oder sich mit angestaubter Politik befassen, der irrt. "Frost/Nixon" bietet unterhaltsam und spannend Einblicke in die Mechanismen der Macht und der Medien, die sich genauso auf heutige Zeiten übertragen lassen. Außer vielleicht, dass Journalisten heute wohl kaum noch zweieinhalb Monate Zeit haben, ein Interview vorzubereiten.
Reporter David Frost, sonst eher für die leichte Unterhaltung und Interviews mit Stars und Sternchen zuständig, heuert zwei gewiefte Autoren an (gespielt von Sam Rockwell und Bob Zelnick). Mit ihnen entwirft der eher unbedarfte TV-Mann eine Taktik, wie man Nixon zu einem Geständnis bekommt. Gleichermaßen bildet Nixon einen Stab unter der strengen Führung von Jack Brennan (Kevin Bacon), um die Interviews in seinem Sinne nutzen zu können.
Der kammerspielartige Film überzeugt nicht nur durch seine geschliffenen Dialoge und seine brillanten Protagonisten, sondern auch durch eine Reihe von prägnanten Nebenfiguren, die den Blick hinter die Kulissen dieser denkwürdigen Begegnung facettenreich spiegeln.
Sie kommen immer wieder in Interviewsituationen zu Wort, als würden sie selbst nachträglich zu dem Ereignis befragt. Diese Züge einer Pseudo-Dokumentation geben "Frost/Nixon" einen zusätzlichen Reiz und unterstreichen den realistischen Charakter der Geschichte. Dazu passt bestens der matte Look der 70er, der hier weder übertrieben noch aufgesetzt wirkt.