Literaturverfilmung: Effis Weg in die Selbstbestimmung
Hermine Huntgeburth wird Fontane nicht gerecht.
Düsseldorf. Eine so berühmte Literaturvorlage ist eine schwere Last. Theodor Fontanes "Effi Briest" hat auf Bühne und Leinwand, im Schulunterricht und Germanistikseminar so ziemlich jede interpretatorische Spielart durchgemacht.
Regisseurin Hermine Huntgeburth hat den Stoff nun erneut verfilmt. Ihre Adaption hat wenig mit der subtilen Geschichte zu tun, die Fontane 1895 verfasste.
Wo Fontane indirekt andeutet, hält Huntgeburth mit der Kamera drauf: Sex samt erstem Orgasmus in den Ostseedünen als Selbstbefreiung. Wo Effi im Roman nur der Tod bleibt, steckt sie sich am Ende des Films eine Zigarette an und marschiert in eine Zukunft ohne gesellschaftliche Fesseln.
Mit dem scheinbar unvermeidlichen Walzer im rauschenden Ballkleid beginnt dieser in schwelgenden Bildern fotografierte Kostümfilm. Effi (Julia Jentsch) lernt Baron Instetten (Sebastian Koch) kennen. Schon in den ersten Dialogen wird unmissverständlich geklärt: Effis Mama (Juliane Köhler) ist die Herzdame dieses Mannes. Doch da er die Mutter nicht bekam, nimmt er nun Jahre später eben die Tochter. So einfach ist das.
Mit wallendem Haar und in Rüschenblusen flieht Effi den Zwängen ihrer jungen Ehe. Sie lernt Major von Crampas (Misel Maticevi) kennen. In einem Bretterverschlag am Strand führt er ihr vor, was eine Frau von körperlicher Liebe erwarten kann und sollte. Wie anders sind ihre Erfahrungen aus der Hochzeitsnacht mit Instetten, die Huntgeburth als Vergewaltigung inszeniert.
Julia Jentsch müht sich redlich, dieser jungen Frau etwas Tiefgründiges zu verleihen. Furcht und Trotz spiegeln sich auf ihrem Gesicht, als die Eltern sie mit Rücksicht auf die Gesellschaft verbannen. Einen Ehebruch wollen sie nicht dulden. Doch die so sehr auf die harten Fakten reduzierte Geschichte lässt ihr wenig Raum für Zwischentöne. So rührt ihr Schmerz kaum, wenn die Tochter nach Jahren der Trennung wie eine Sprechpuppe antwortet.
Befreit ist diese Interpretation von jeder politischen Deutung. Bis natürlich auf den Schluss, den Huntgeburth einfach komplett ändert: Effi als eine der ersten in der Frauenbewegung - das ist vielleicht doch eine neue Sichtweise.
Wertung: zwei von fünf Sternen