Satire: Abgedreht - Leider kein großes Kino

In „Abgedreht“ stellen zwei Filmfreaks Hollywood-Klassiker nach. Die Farce zeigt, das eine gute Idee noch lange keinen Film macht.

Düsseldorf. Es war der nächste logische Schritt für Regie-Wunder Michel Gondry. Bereits in "Vergiss mein nicht" und "Science of Sleep" beschäftigte er sich mit der Kraft des menschlichen Unterbewusstseins, das sich in surrealen Träumen Bahn bricht. Im Mittelpunkt seines neuesten Films steht nun die bekannteste Projektionsfläche waghalsiger Kopffilme: das gute alte Hollywood, auch Traumfabrik genannt. "Abgedreht" ist Gondrys persönliche Hommage an die größenwahnsinnige Bildkraft, die unwiderstehliche Sogwirkung und die organisierte Anarchie, die das amerikanische Kino zum Export-Primus seiner Branche haben werden lassen: Hier wird mal eben das All erobert, werden tief sitzende Vorurteile überwunden, kann New York von überdimensionierten Marshmallows platt gemacht und Detroit von einem Roboter vor kriminellem Gesocks bewahrt werden. Nichts, wirklich gar nichts ist hier unmöglich.

In der Ferne flirrt die Skyline von New York

Der Lebensraum von Mike (Mos Def) und Jerry (Jack Black) ist der direkte Gegenentwurf. Die beiden Tagträumer sind gemeinsam in Passaic aufgewachsen, einem 60000-Seelen-Kaff in New Jersey, jenem US-Staat, dem wegen seiner Unscheinbarkeit schon ganze Filme ("Garden State", "Copland") gewidmet wurden. Weltläufigkeit ist hier nur zu spüren, wenn man über den erhöhten Beton-Zubringer auf den Highway gelangen will, von wo aus man die New Yorker Skyline flirren sieht. So nah und doch so fern. Ihrem tristen Alltag entkommen die beiden Filmfreaks in der Videothek von Mr. Fletcher (Danny Glover), der sich dem digitalen Zeitalter noch nicht gestellt hat und seine Filme weiterhin auf analogen Magnetbändern anbietet. Als er sich Anregungen für eine eventuelle Umrüstung auf DVDs holen will, überlässt er Mike für ein paar Wochen den Laden. Was Jerry prompt dazu nutzt, sämtliche Bänder zu entmagnetisieren, mithin unbrauchbar zu machen. Um die einzige Stammkundin, die leicht wirre Miss Falewicz (Mia Farrow), nicht zu brüskieren, beginnt das Chaos-Duo, die von ihr bestellten Filme nachzuspielen. Mit durchschlagendem Erfolg: Die stümperhaften, aber liebevollen 20-Minuten-Versionen von Klassikern wie "2001", "Robocop" oder "Ghostbusters" entwickeln sich zu Kult-Objekten in Passaic. Mike und Jerry kommen mit den Nachdrehs kaum nach. Die Verzögerung erklären sie mit Lieferschwierigkeiten, da es sich um Importe aus Schweden handele. Der Begriff "schweden" wird für die Kundschaft ein Synonym für "imitieren". So herrlich verschroben die Grundidee auch ist, so schnell verpufft das launige Déjà-vu-Spektakel in der flüchtigen Rahmengeschichte, die Gondry sich zurecht gedrechselt hat: Wegen des beängstigenden Erfolges der Raubkopien pocht Hollywood auf seine Urheberrechte. Sigourney Weaver repräsentiert als graue Verwaltungsdomina die Kehrseite des Traums, bestehend aus Kosten und Ertrag. Ab diesem Zeitpunkt scheitert der Film an seiner schmerzhaften Verkrampftheit, mit dem Holzhammer die Freiheit der Kunst einfordern zu müssen. Gondry ist wohl zu früh aufgewacht!
(WZ-Wertung: 3 von 5 Sternen)

Daten und Fakten
  • Titel: Abgedreht
  • Regisseur: Michel Gondry
  • Darsteller: Jack Black, Mos Def, Mia Farrow, Danny Glower
  • Genre: Satire
  • Länge: 101 Minuten
  • Verleih: Senator
  • Produktionsort/- jahr: USA 2007
  • Startdatum: 03.04.2008
  • FSK: Ohne Altersbeschränkung
  • Internet: www.abgedreht.senator.de