Verflucht von einer Hexe
Horror: Sam Raimis „Drag Me To Hell“ ist eher eine therapeutische Fingerübung als ein ausgeruhtes neues Werk des Starregisseurs.
Für Christine (Alison Lohman) ist der braun lackierte Pressspan-Schreibtisch auf der anderen Seite des Großraumbüros die Erfüllung ihrer beruflichen Träume. Denn dort, an diesem sterilen Stück Verwaltungsmobiliar, soll schon bald der nächste stellvertretende Leiter der Bankfiliale sitzen, für die sie arbeitet.
Und Christine hat gute Chancen. Nur leider nicht die besten. Ihr Chef hält sie für zu weich, vor allem bei der Rückforderung fälliger Kreditzahlungen hat sich die junge Frau schon des Öfteren von der ein oder anderen rührseligen Mär zum Aufschub breitschlagen lassen. Um ihrem Boss zu zeigen, dass sie auch anders kann, verwehrt sie, kurz vor Bekanntgabe der Stellenvergabe, einer alten Roma ein Darlehen. Es kommt zu einem drastischen Handgemenge, an dessen Ende das hexenähnliche Muttchen einen Fluch über Christine ausstößt.
Bereits kurz nach der peinlichen Auseinandersetzung hört Christine Stimmen. Und dabei allein soll es nicht bleiben. Im Traum plagen die Mittzwanzigerin unheimliche Visionen, die am nächsten Morgen ekelerregende Wirklichkeit werden. Unstillbares Nasenbluten und Stubenfliegen mit anatomischem Forscherdrang sind da noch die harmloseren Widerlichkeiten, die ihr fortan widerfahren.
Christine ist sich sicher: Der Fluch zeigt seine Wirkung. Doch ihr Freund (Justin Long) hält sie lediglich für abgespannt und überreizt. Glauben schenkt Christine nur der skurille Rummelplatzwahrsager Rham Jas (Dileep Rao).
Das Skript zu "Drag Me To Hell", mit dem "Spider-Man"-Impresario Sam Raimi zu seinen Horror-Wurzeln zurückgekehrt ist, war ursprünglich eine Schreibübung. Raimi hatte einen Kreativstau, und um die Starre zu lösen, schrieb er sich mit einer trivialen Gruselgeschichte die Blockade aus dem Kopf. Dass es dieses Abfallprodukt jemals auf die Leinwand schaffen würde, hatte Raimi damals nicht für möglich gehalten.
Zu groß war allerdings die Lust des einstigen B-Filmers, mal wieder richtig schön Trash zu produzieren, anstatt immer nur einen Comic-Helden in edelsten Blockbuster-Bildern zu inszenieren. Für "Drag Me To Hell" brauchte der 49-Jährige keine bombastischen Effekte und keinen bedeutungsschwangeren Firlefanz. Hier zählt nur das hemmungslose Schwelgen in billigen Tricks und offensichtlichen Ekelhaftigkeiten.
Das ist wegen seiner vordergründigen Unbeholfenheit durchaus amüsant und mit Blick auf Raimis Vergangenheit ungemein sympathisch - letztlich ist es aber ein Film, für den man früher in der Schocker-Ecke der Videothek keine 50 Pfennig ausgegeben hätte. Filmhistoriker und hartgesottene Fans werden ihren Insider-Spaß haben. Der reguläre Kinogänger will einem Starregisseur aber sicher nicht bei einer therapeutischen Fingerübung zusehen.