Tatort-Kritik „Vom Himmel hoch“ - So ist der neue Lena-Odenthal-Tatort
Der Lena-Odenthal-Tatort „Vom Himmel hoch“ will viel und verliert dabei das Wichtigste aus den Augen. Bei einem hochambitionierten Themenpotpourri kommt dem Tatort der Faden für eine gute Geschichte abhanden.
In dem Krimi geht es um nicht weniger als moderne Kriegsführung mit Kampfdrohnen, posttraumatischen Belastungsstörungen von Tätern und Opfern, einen erschlagenen Psychologen, ein geplantes Attentat auf einen Staatssekretär im US-Verteidigungsministerium und natürlich um zwischenmenschliche Schwierigkeiten im Ludwigshafener Ermittlerteam.
Das Themenwirrwarr wird mit einer illustren Ansammlung an Charakteren aufgefüllt. Da wären unter anderem eine Psychologin mit Putzzwang, die eine Affäre mit ihrer Geigenlehrerin pflegt und ihr eifersüchtiger Ehemann, der nichts von ebenjener Affäre ahnt.
Der ermordete Psychologe Dr. Steinfeld, spezialisiert auf Fälle von posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). Er behandelte sowohl zivile, wie auch militärische Opfer von kriegerischen Auseinandersetzungen, darunter auch die traumatisierte US-Soldat Heather Miller von der Ramstein Air Base. Steinfeld hatte aber auch den Kurden Mirhat Rojan in Behandlung, der bei einem amerikanischen Drohnenangriff im Irak seine beiden Kinder verlor. Der ermordete Nervenarzt hatte ein „Interesse für Nachrichten“, welches sich dadurch auszeichnet, dass er Zeitungsartikel mit Kugelschreiber einkreist und Online-Artikel ausdruckt.
Zu all dem „neuen“ Personal kommt natürlich auch noch das Inventar des Kommissariats. Das komplizierte Miteinander von Hauptkommissarin Lena Odenthal und ihrer Kollegin Johanna Stern, die nicht nur den Mord aufklären, sondern auch einen geplanten Anschlag auf einen US.Staatssekretär verhindern müssen, nimmt neue Extreme an. Schließlich legt der Oberstaatsanwalt den Ermittlerinnen noch Steine in den Weg: „Wir halten hier bis heute Abend die Füße still, dann ist der Ami wieder weg und sie können hier in Ruhe fahnden.“ – „Das ist Scheiße, Herr Oberstaatsanwalt.“ Richtig, Frau Odenthal.
Eins haben alle Beteiligten gemein: Sie sind alle sehr Kaffeebedürftig (wahlweise Espresso). Es sind stressige Zeiten in Ludwigshafen.
Es braucht fast 60 Minuten, um alle Zusammenhänge vorzustellen und auch mindestens genauso lange, um einen ersten spannenden Moment zu präsentieren. Erst als Johanna Stern von der traumatisierten Drohnen-Soldatin Heather Mills überwältigt wird diese daraufhin mit geklautem Ausweis und Dienstwaffe zum Staatsempfang marschiert, tritt etwas Ähnliches wie Kurzweile ein.
Der Tatort „Vom Himmel hoch“ bietet ambitionierten Stoff, der perfekt in ein Serienformat passen würde. In einem 88 Minütigen Fernsehfilm bleibt aber kein Platz, um die einzelnen Figuren und die unzähligen Themen sinnvoll einzubinden. In all dem findet der Zuschauer keinen emotionalen Zugang zu dem abstrakten Thema Drohnenkrieg. Weniger ist manchmal eben doch mehr.