Interview: „Ich bin voll mit Melodien“
Schauspielerin Angela Winkler hat ein Album mit ihren Lieblingsliedern aufgenommen. Am Donnerstag singt sie in Düsseldorf.
Frau Winkler, auf der Bühne oder auch im Film können wir Sie häufig erleben, doch Interviews mit Ihnen sind selten zu lesen. Mögen Sie keine Journalistenfragen?
Angela Winkler: Nein, eigentlich mag ich keine Interviews. Wenn die Interviewpartner sich sehr vorbereiten und richtige Gespräche entstehen, dann finde ich das schön, aber sonst ist es einfach verschenkte Zeit. Da buddle ich lieber im Garten eine Pflanze ein oder studiere eine neue Rolle.
. . . oder singen — warum singt der Mensch?
Winkler: Gesungen hat man ja schon immer, seit es Menschen gibt — und Sprache ist ja letztlich auch Gesang. In meinem Kopf sind eigentlich mehr Melodien: Texte zu erinnern, fällt mir schwer, doch an Melodien erinnere ich mich sehr gut; ja, eigentlich bin ich voll mit Melodien.
Sie sind schon früh mit Musik in Kontakt gekommen — was hat für Sie als Kind das Singen bedeutet?
Winkler: Singen hat immer etwas mit Träumen zu tun. Meine Mutter erzählt immer, ich sei so ein stilles Kind gewesen, hätte an Pfützen gesessen und gesungen — ich erinnere mich noch genau an dieses Lied (beginnt zu singen): „Trauer über Trauer, hab verloren meinen Ring . . .“
Haben Sie als Kind davon geträumt, später einmal auf der Bühne zu singen?
Winkler: Ich wollte immer Sängerin werden — und bin irgendwie zur Schauspielerei gekommen. Als ich 15 Jahre alt war, habe ich einen Film gesehen, der mich unglaublich fasziniert hat: „Plötzlich im letzten Sommer“ mit Elisabeth Taylor — und danach war es um mich geschehen und ich wollte Schauspielerin werden.
Nun kommt doch noch die Sängerin Angela Winkler zu Ihrem Recht — was unterscheidet solch ein Konzert von einem Theaterauftritt?
Winkler: Im Theater habe ich eine Rolle und spiele einen anderen Menschen — wenn ich aber singe, dann bin das ich, und meine Stimme berührt einen anderen oder eben auch nicht. Und das finde ich spannend, sich allein darauf zu konzentrieren und daran zu arbeiten, denn der Mensch kann mit seiner Stimme so unglaublich viel ausdrücken wie Trauer, Freude oder Schmerz.
Volker Schlöndorff hat zu Ihrem 60. Geburtstag von dem „Kind in ihr, das nie ganz erwachsen wird“ gesprochen — haben Sie sich diese unvergleichliche Entdeckungsfreude bewahrt, wie sie nur Kindern eigen ist?
Winkler: Dazu gehören natürlich immer auch gute Partner und eine gute Fantasie. Und ich hatte gute Partner als Regisseure, die mich spielen gelassen und mich nicht geformt haben — denn das ist ja das Wunderbare an den Kindern, dass sie noch nicht so vom Leben geformt wurden. Und ich habe einen guten Lebenspartner und tolle Kinder und ein Leben, wo ich spielen kann und nicht in eine Form hineingepresst wurde — und wenn doch, dann bin ich immer ausgebüxt.
Wenn Sie zurückblicken auf Ihr Leben . . .
Winkler: . . . aber ich bin doch noch mitten drin.
Das wollte ich auch nicht bezweifeln — aber dennoch blickt man doch manchmal zurück.
Winkler: Das kann ich gar nicht, das gibt’s in meinem Leben nicht. Ich habe vier Kinder, da kann ich nicht Rückschau halten. Deshalb brauche ich auch immer wieder meine Ruhe, um dann ein Lied oder ein Gedicht zu schreiben oder ein Bild zu malen. Nein, Rückschau ist bei mir schwer möglich — und ich will auch keine Memoiren schreiben, wenn Sie darauf hinaus wollen: Das interessiert mich nicht.