Markus Lüpertz im WZ-Interview: Hier ist alles progressiv besetzt
Der Rektor der Düsseldorfer Kunstakademie, Markus Lüpertz, kontert Kritiker.
Herr Lüpertz, die berühmten Fotokünstler Andreas Gursky, Thomas Ruff und Hilla Becher werfen Ihnen ein reaktionäres Verhalten vor, weil Sie zu wenig für die Fotografie in der Düsseldorfer Kunstakademie tun. Was ist da los?
Lüpertz: Die Düsseldorfer Akademie besteht in ihrem Kernstück aus Malern und Bildhauern. Sie hat eine Fotoklasse, die sehr bedeutend ist, und eine Video-Klasse. Darüber hinaus haben wir viele junge, progressive, neue Künstler, die mit dem Medium Fotografie und Video arbeiten.
Lüpertz: Wer sich für neue Medien interessiert, kann ja nach Köln gehen. Er muss dafür nicht die Düsseldorfer Akademie verlassen, sondern kann sich in Kursen informieren.
Lüpertz: Ich müsste eine Maler- und Bildhauerstelle aufgeben. Warum sollte ich das? Die Malerei ist 3000 Jahre alt, die Fotografie gerade mal 150. Nur weil sie zurzeit hohe Preise für ihre Sachen kriegen und glauben, sie seien der Mittelpunkt der Welt, richten wir nicht gleich eine neue Fotoklasse ein. Wir werden die Bühnenbildklasse, die Architektur- und die Fotoklasse weiterführen, aber das Kernstück ist Malerei und Bildhauerei.
Lüpertz: Das Ding ist renoviert. Aber wir sind an der Kunstakademie und nicht im professionellen Studio der Fotoherstellung.
Lüpertz: Gursky ist ein ehrenwerter Künstler, aber ich schreibe ihm keinen Brief und sage ihm, was er in seinem Beruf zu tun hat. Ich bin gern bereit, an der Akademie eine öffentliche Grundsatzdiskussion zu Malerei, Bildhauerei und Fotografie zu machen.
Lüpertz: Sie werfen mir vor, ich würde die letzten zehn, 15 Jahre der Kunst-Entwicklungen ignorieren, weil ich mich auf Malerei und Bildhauerei konzentriere. Ja, was soll ich denn sonst machen, das ist mein Metier! Sollen sie doch ehrlich sein und sagen, dass ich als Künstler und dass die Malerei und Bildhauerei überholt sind und Fotografie das Neue ist. Es gibt Maler hier, die aktuell sind, Peter Doig und Siegfried Anzinger. Denken Sie an Georg Herold als Bildhauer, an Rosemarie Trockel. Wir haben alle Sparten progressiv und neu besetzt. Aber solange ich da bin, das ist ja nicht mehr lange, ist das Kernstück Malerei und Bildhauerei.
Lüpertz: Er hat ab Oktober eine Professur an der Hochschule für Musik für die rechtliche Seite der bildenden Kunst. Ich finde die Entwicklung seiner Karriere richtig. Seine Stelle ist ausgeschrieben. Die Besetzung geht schnell.
Lüpertz: Mittlerweile liegt dies alles bei mir. Aber die Maler, die Erfolg haben, gehen nicht gern an die Häuser, und die Jüngeren haben mit den Akademien andere Vorstellungen. In unserer Zeit war es ein Karrieresprung, Professor zu werden. Heute ist das nicht mehr so. Die Avantgardisten verdienen mehr Geld durch ihre Kunst als mit der Professur. Mit 55, 60Jahren kommen sie wieder. Viele wandern in die peripheren Medien ab.
Lüpertz: Es sind die Königsdisziplinen der bildenden Kunst. Viele laufen ja davor weg. Wenn ihnen dann ein Apparat hilft, etwas zu machen, ist es natürlich einfacher als mit dem Pinsel vor die Leinwand zu treten und gegen Giganten wie Vermeer, Tizian oder Goya anzumalen. Vereinzelt gibt es Versuche, gegen diese Qualität anzurennen. Aber letztlich sind Leute wie Richter, Baselitz, Penck, Polke und ich selbst noch in Saft und Kraft und Arbeit. Tizian wurde fast 100 Jahre alt, da ist auch keiner auf den Gedanken gekommen, ihn als Hofmaler abzuschaffen.
Lüpertz: Solange ich Rektor bin, gibt es keine Diskussion über meine Nachfolge.