Amerika ganz fest im Blick

Mit „Humanoid“ will Tokio Hotel endlich auch in den USA den Durchbruch schaffen. Möglich ist das.

Düsseldorf. Vor knapp vier Jahren waren die Magdeburger noch unbekannt, heute sind sie kaum noch aus deutscher Popmusik wegzudenken. Die Rede ist von Tokio Hotel, vier Jungs, die mit ihrer Debütsingle "Durch den Monsun" das geworden sind, wovon jeder Teenager träumt: Superstars.

Auch als Twens bringen die Zwillinge Bill (Gesang) und Tom (Gitarre) Kaulitz gemeinsam mit ihren zwei Mitstreitern Georg Listing (Bass) und Gustav Schäfer (Schlagzeug) junge Mädchen zum Ausflippen - eine Euphorie, die längst auf europäische Nachbarländer wie Österreich, Frankreich und Italien übergeschwappt ist. Mit dem neuen Album "Humanoid" soll endlich auch das erreicht werden, was vor ihnen nicht mal Popgrößen wie Take That schafften: der Durchbruch in Amerika.

In schlauer Voraussicht hat ihr Plattenlabel Universal, das Tokio Hotel kurz vor Veröffentlichung des Debütalbums "Schrei" von Sony BMG übernahm, die Grundlage gelegt: Die vor zwei Jahren herausgebrachte Platte "Scream" - eine in englischer Sprache gesungene Mischung von Songs ihres Erstlingswerks sowie des Folgealbums "Zimmer 483" - erreichte in den USA Platz 39 und in Kanada Platz 6.

Seit die Band im September 2008 bei den MTV Video Music Awards in Los Angeles den von Fans gewählten Preis als "best new artist" gewann, scheint das Feuer entfacht. "Humanoid" ist in vielen Gebieten Europas und Übersees auf Deutsch wie auf Englisch erschienen und verspricht den bisherigen Gewinn aus Platteneinnahmen in Höhe von mehr als 40 Millionen Euro deutlich zu erhöhen.

Den Albumtitel wählten Tom und Bill, die seit ihrer Kindheit vom Science-Fiction-Wesen des Humanoiden, einer menschenähnlichen Gestalt, fasziniert sind, aus zweierlei Gründen. Zum einen weil er in beiden Sprachen gleichsam verstanden wird.

"Ich wollte, dass das neue Album weltweit nur einen Namen trägt", sagt der androgyne Frontmann Bill, der auf dem Cover als Mensch-Maschine-Hybrid zu sehen ist und mit seinem Manga-Comic-Look die Hysterie unter Tokio Hotel-Fans erst auslöst.

Zudem versinnbildlicht ein Humanoid ganz gut die Themen der Platte: Liebe und ihre Kehrseite, die Gefühllosigkeit. "Wenn du lachst / Lachst du nicht / Wenn du weinst / Weinst du nicht / Wenn du fühlst / Fühlst du nichts / Weil du ohne Liebe bist", geht der Refrain von "Automatisch", der ersten Single-Auskopplung.

Ein Jahr hat die Band am Album gearbeitet, mehrere Monate im Studio mit Stammproduzent David Jost verbracht. Unter den zwölf Stücken (16 auf der Deluxe Edition) ist von der Party- bis Schmusenummer jede Stimmung vertreten, und an vierter Stelle befindet sich mit "Lass uns laufen" (englischer Titel: "World Behind My Wall") sogar ein möglicher Megahit, dessen pathetisch-melodiöser Bombast international einschlagen könnte.