Andreas Kümmert wieder auf der Bühne

Bad Tölz (dpa) - Wer Andreas Kümmert singen hören will, muss tief hinabsteigen. Viele Treppenstufen geht es hinunter zu der kleinen Bühne, die der 28-Jährige sich ausgesucht hat für seinen ersten Auftritt, nachdem er ESC-Deutschland ins Chaos gestürzt hat.

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Fast scheint es so, als habe er nach einem Ort gesucht, der so weit entfernt ist von der Glitzerwelt des Eurovision Song Contests wie nur irgendwie möglich.

Das einzige, was in der Rockkneipe „Mäx“ im oberbayerischen Bad Tölz, schräg gegenüber von der Kirche, glitzert, ist eine Discokugel. Daneben hängt ein tiefschwarzer Kronleuchter von der Decke des Kellergewölbes.

Und auf der kleinen Bühne, auf die kaum mehr passt als ein Stuhl und ein Lautsprecher, sitzt am Mittwochabend der Mann, über den ganz Deutschland seit Tagen spricht. Der Mann, der Kopfschütteln, sogar Wut ausgelöst hat und von dem andere sagen, er verdiene Respekt für die zugegebenermaßen einigermaßen kurzfristige Entscheidung, nach dem Sieg im Vorentscheid doch nicht für Deutschland zum ESC nach Wien fahren zu wollen.

Begeisterter Applaus brandet auf in dem überschaubaren Publikum, als Kümmert - von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet - auf dem weißen Stuhl Platz nimmt und seine Gitarre stimmt. 120 Tickets für das Konzert hatte der Veranstalter reserviert, 30 weitere gab es an der Abendkasse - gekommen sind allerdings wohl nicht ganz so viele. Diejenigen aber, die da sind, sind echte Fans.

„Guten Abend. Ich bin Günther. Ich bin deutschlandweit das einzige zugelassene Andreas-Kümmert-Double“, sagt der eigenwillige Unterfranke aus Gemünden nach seinem ersten Song zu ihnen - und der ganze Laden lacht.

Kümmert scheint sich wohl zu fühlen in seiner Haut. Er macht noch einige Witze an diesem Abend. „Ich versuche auch immer, ganz autistisch rüberzukommen“, scherzt er über entsprechende Berichte. „Das nächste Stück habe ich in einer sehr autistischen Phase geschrieben“ - so kündigt er seinen nächsten Song an.

Kümmert singt an diesem Abend nicht nur seine eigenen Lieder wie „Simple Man“. Er covert auch Songs von AC/DC oder Eric Clapton. „Before you accuse me, take a look at yourself“ singt Kümmert. „Bevor du mich anklagst, schau dich erstmal selbst an.“

Ob das ein Statement an die Adresse seiner Kritiker sein soll, bleibt sein Geheimnis. Über seinen ESC-Rückzieher und das, was er sich seitdem anhören musste, will Kümmert an diesem Abend, an dem er sich mit Fans fotografieren lässt und Autogramme schreibt, nicht reden.

„Diese Beschimpfungen sind wirklich unterste Schublade“, hatte der Sänger bei Facebook geschrieben. „Ich bin Musiker, und genau das wird sich nie ändern! Eure Äußerungen bestätigen mir meine Meinung zu dieser Gesellschaft. Ihr passt alle perfekt in diesen Apparat!“ An seine Fans schrieb er: „Keep on rockin'“.

Genau das ist es, was Kümmert und das Publikum im „Mäx“ an diesem Abend tun. Ist der ESC-Eklat vor Beginn noch überall das Thema des Abends, gerät er zunehmend in den Hintergrund. Irgendwann scheint dieser ESC komplett verschwunden hinter der Stimmgewalt des Franken, der seine Zuhörer mit jedem einzigen perfekt gesungenen Song fesselt.

Spätestens nach der letzten Zugabe „Halleluja“ ist dem Publikum völlig egal, was die Moderatorin Barbara Schöneberger vor rund einer Woche als „Coitus Interruptus der schlimmsten Sorte“ bezeichnete. Kümmert selbst bedankt sich zum Schluss dafür, dass die Zuschauer ihm zugehört haben. Er sagt: „Es war ein wunderschöner Abend.“