Band der Stunde: The War On Drugs in Berlin

Berlin (dpa) - Kritiker-Hymnen, ausverkaufte Gigs, das neue Album hoch in den Charts: The War on Drugs sind in den USA die Rockband der Stunde. Ein sensationelles Berliner Konzert zeigt, warum sich derzeit alle auf die Truppe aus Philadelphia einigen können.

Foto: dpa

Im schon lange ausverkauften Bi Nuu kommen am Freitagabend alle Tugenden von The War On Drugs zum Vorschein - ein so genialischer wie charismatischer Frontmann, fünf selbstbewusste Begleiter, eine bestens eingespielte Band, mitreißende Spielfreude - und natürlich das Allerwichtigste: fantastische Songs, die live ebenso gut klingen wie auf Platte. Dass der wuchtige Gitarrenrock in dem mittelgroßen Klub kristallklar aus den Boxen kracht, stellt auch dem Mixer ein Top-Zeugnis aus.

The War On Drugs - benannt nach dem missglückten „Krieg gegen die Drogen“ diverser US-Regierungen - haben dieses Jahr mit dem meisterlichen „Lost In The Dream“ den Sprung in die erste Reihe der amerikanischen Indierock-Bands geschafft - irgendwo zwischen Wilco, Arcade Fire und The National. Adam Granduciel - Sänger, Songwriter, Gitarrist und Sprachrohr in Personalunion - hat kein Problem damit, seinen zwischen Tradition und Moderne angesiedelten Sound mit großen Namen in Verbindung zu bringen: Bruce Springsteen, Tom Petty, The Waterboys, vor allem Bob Dylan.

Tatsächlich wirkt der langhaarige Jeansjacken-Typ Granduciel auf der Bühne wie ein jungenhafter Dylan - vor allem klingt er so mit seinem nasalen, bei Gelegenheit auch tief melancholischen Gesang (aktuelle Texte spiegeln eine persönliche Krise mit schwerem Liebeskummer). Die Songs von „Lost In The Dream“ gehen auch sonst über die derzeit in der Rockmusik verbreitete Retro-Behäbigkeit weit hinaus - sie integrieren lässig Krautrock-Motorik, warme Pianotupfer, atonale Noise-Elemente, Synthie-Schwaden und ein röhrendes Altsaxofon.

Fast alle Lieder des neuen Albums präsentieren The War On Drugs auch in Berlin - und noch einiges mehr: das Cover „I Hear You Calling“, mit dem Granduciel einem seiner Helden huldigt, dem britischen Singer/Songwriter Bill Fay; außerdem diverse Tracks vom zweiten, ebenfalls schon herausragenden Werk „Slave Ambient“ in aufgefrischten Versionen. Granduciels Gitarrenarbeit klingt jederzeit grandios, aber nie angeberisch-mackerhaft, auch Robbie Bennett an den Keyboards und Charlie Hall an den Drums leisten Erstaunliches.

Nach mehreren Zugaben und gut 100 Minuten Spielzeit laden The War On Drugs ihr restlos begeistertes Publikum ein, beim nächsten Berliner Konzert am 27. Oktober im Heimathafen wiederzukommen. Alte und an diesem Abend neu hinzugewonnene Fans werden sich da wohl nicht lange bitten lassen.