Editors: Wenn Düsternis zur Rockoper wird

Indie-Pop: Mit ihrem dritten Album gelingt den Editors ein erhabener Melancholie-Mix, der stellenweise etwas übers Ziel hinausläuft.

Noch so eine Band, die ständig mit allen möglichen Genreverwandten verglichen wird und der man es offensichtlich nicht zu gönnen scheint, dass sie unter den vielen Meistermelancholikern (Echo & the Bunnymen, De/Vision, Interpol) diejenige ist, die als Letzte kam und trotzdem mittlerweile die größte kommerzielle Resonanz erzeugt. Natürlich merkt man den Editors an, dass sie nicht nur ein tonal mal angenehmes, dann wieder verstörendes Sendungsbewusstsein an den Tag legen wollen, sondern dabei durchaus auch die Charts im Blick haben.

Anders ist es auch nicht zu erklären, mit welcher Verbissenheit sie zu ihren Anfangstagen, als Studentenband in Stoke-on-Trent, Unisäle und Campusumfeld mit Tausenden von Aufklebern entweihten, auf denen sie geheimnisvoll und äußerst pr-wirksam die Frage stellten: "Who Is The Pilot?" Damals nannten sie sich noch so, bis sie merkten, dass eine etwas leierige Pop-Combo aus den frühen 70ern genauso hieß. Um letztendlich zu den Editors zu werden, änderten sie den Bandnamen innerhalb von zwei Jahren weitere drei Mal.

Den Weg raus aus dem gehätschelten Status einer unabhängigen, aber erfolglosen Gitarrenband fanden die Editors schnell. "Munich" und "Blood" wurden 2005 zu Hymnen auf jeder düster gestimmten Independent-Party. Das nachgeschobene Album "The Back Room" deutete mit viel Gazetten-Getöse an, was spätestens mit ihrem zweiten Longplayer "An End Has A Start" Gewissheit wurde: Da wuchs eine verdammt gewiefte Gruppe heran, die mit düsteren Synthie-Versatzstücken, aufreibendem Gitarren-Geflirre und der monochrom klagenden Stimme von Frontmann Tom Smith ein aufwühlendes Gespür für traurigschöne Momente und bittere Insichgekehrtheit bewies.

Auf diesem Album, das in ihrer Heimat Großbritannien aus dem Nichts auf der Eins landete, löste ein wohliger Schauer den nächsten ab, gekrönt von der Hit-Single "Smokers Outside The Hospital Doors", dem direktesten Verweis auf das Thema der Platte: den Tod, seine Einsam- und Trostlosigkeit, aber auch die Poesie, die dem Gedanken innewohnt, dass irgendwann alles mal ein Ende findet. Selbst man selbst.

Waren es auf diesen ersten beiden vertonten Trauerweiden noch die Gitarren, die die Songs zu einer geerdeten Tristheit im Sinne von Joy Division reifen ließen, ist nun, auf ihrem dritten Album, der Synthesizer das tonangebende Element. Die wuchtig voran preschende Vorabsingle "Papillon" steht da bereits stellvertretend für das gesamte Werk, auf dessen Basisversion seltsamerweise nur neun der insgesamt 14 neuen Songs zu finden sind. Wer sie komplett sein Eigen nennen will, muss auf die limitierte Ausgabe von "In This Light And On This Evening" zurückgreifen.

Den studierten Tontechnikern gelingen darauf wieder erhabene Szenen und mitreißende, in Moll wabernde Melodien, deren Gesamtarrangement stellenweise allerdings etwas anstrengen kann (Gründe: siehe Kasten). Eines kann man ihnen dabei mit Sicherheit nicht vorwerfen, nämlich, nicht konsequent zu sein. Zielgruppenbewusst stilisieren sie sich zu einer Neuauflage von Depeche Modes "Music For The Masses", absolut massentauglich eben, aber ohne es sich dabei zu simpel zu machen. Schwermut will nicht nur gelernt, sondern auch gepflegt sein.