Ein langer Trip geht zu Ende - 50 Jahre Grateful Dead

San Francisco (dpa) - US-Fans reißen sich in diesem Sommer um Konzerttickets einer Band, die vor knapp 30 Jahren ihren einzigen Top-Ten-Hit landete.

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Mehr als eine halbe Million Menschen versuchten online Karten für einen der drei letzten Grateful-Dead-Gigs zu ergattern. Die Hippie-Band hatte sich vor rund 20 Jahren aufgelöst, nachdem ihr Star-Frontman Jerry Garcia nach langer Drogenabhängigkeit gestorben war. Doch zum 50. Jubiläum geben die Altrocker derzeit wieder einige wenige Konzerte. Am Sonntag (Ortszeit) treten sie in Chicago zum allerletzten Mal auf die Bühne. Das Konzert wird am Montag (6. Juli) in 20 deutsche Kinos übertragen.

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Für viele bleibt die kalifornische Band unvergessen. Noch immer haben die Rocker Heerscharen treuer Fans. Die sogenannten Deadheads zogen mit den Musikler von einem Auftritt zum nächsten. Unter ihnen waren auch Ex-US-Vizepräsident Al Gore und NBA-Legende Bill Walton, der die Band nach eigenen Angaben rund 855 Mal spielen sah.

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Die Musik von Grateful Dead verband Elemente von Rock, Bluegrass und Folk. Zu ihren Hits gehörte der Song „Casey Jones“. Mitte der 1960er Jahre in San Francisco gegründet, bildete der Rock der Grateful Dead die Soundkulisse für die Drogentrips der Blumenkinder. Noch Jahrzehnte später rückte die Polizei in Bataillonsstärke bei „Dead“-Konzerten an, um Rauschgifthandel zu unterbinden.

Die Kernmitglieder Jerry Garcia, Bob Weir, Phil Lesh, Bill Kreutzmann und Ron McKernan, sammelten bei Gigs neben Jimi Hendrix und Janis Joplin auf dem Monterey Pop Festival und in Woodstock ihre Erfahrungen. Mit der Zeit veränderte sich die Band. Drummer Mickey Hart stieß 1967 dazu, 1973 verloren die Musiker McKernan, der im Alter von 27 Jahren an einer Magenblutung nach Drogenkonsum starb.

13 Studioalben brachten Grateful Dead heraus. Doch die Musiker verdienten ihre Millionen überwiegend durch Konzerte und nicht durch Plattenverkäufe. Die meiste Zeit ihrer drei Jahrzehnte umfassenden Bandgeschichte verbrachten die Rocker auf Tour. Bei ihren Shows verwandelten sie ihre typisch amerikanische und gitarrenlastige Rockmusik in langgezogene meisterhafte Improvisationen. Die Konzerte zogen sich oft länger als drei Stunden hin.

Einem Wanderzirkus gleich folgten Tausende Deadheads ihrer Kultband kreuz und quer durch die Staaten. „Eine kleine Stadt tauchte auf und es bildete sich eine Gemeinschaft“, sagt der ehemalige Deadhead Roger Williams. „Die Menschen konnten es kaum erwarten. Viele zogen einfach mit, obwohl sie keine Tickets hatten. Sie wollten einfach abhängen.“

Dabei blieb das Szenario stets unverändert. Zwischen den Hippie-Zelten wirbelten Fans zur Musik, während Reisende im Batik-Look Souvenirs, Essen und Partydrogen kauften, tauschten oder verkauften. Nach jeder Show packten alle ihre Sachen zusammen und fuhren der Band hinterher, oft über Monate oder sogar Jahre hinweg.

Alex Frankel, der aus dem Raum San Francisco stammt, besuchte rund 120 Grateful Dead-Konzerte. Es sei das musikalische sowie das kulturelle Abenteuer gewesen, das Fans wie ihn Nacht für Nacht der Band folgen ließ, erinnert er sich. „Jede Show war anders“, sagt er der Deutschen Presse-Agentur. Nie habe die Band einen Song zweimal auf gleiche Weise gespielt. „Sie haben das Publikum oft überrascht.“

Doch all das nahm am 9. August 1995 ein jähes Ende, als Frontmann Garcia während eines Drogenentzuges einen Herzinfarkt erlitt und starb. Kurz darauf löste sich die Hippie-Band auf. Doch der Kult blieb. So nahm das US-Magazin „Rolling Stone“ die Band in die Liste der 100 wichtigsten Künstler aller Zeiten auf. Zu Ehren von Garcia begeht San Francisco jedes Jahr den „Jerry Day“. Noch immer pilgern Deadheads aus aller Welt zum ehemaligen Haus der Band in San Fraciscos Ashbury Street.

Um die Ecke arbeitet Christopher Scott Miller in einem Musikgeschäft. Der 41-Jährige trägt ein Grateful-Dead-T-Shirt. Ein signiertes Polaroid-Foto erinnert an den Tag, an dem Garcia in dem Laden kam, um eine Gitarre auszuleihen. Miller hatte Glück und war jetzt bei einem Konzert in der Nähe von San Francisco. Die Show sei nicht nur für die Bandmitglieder ein Wiedersehen gewesen, sondern auch für die Deadheads, die ihnen all die Jahre gefolgt waren, sagt er. Nun steigt an diesem Sonntag die allerletzte Show.

Doch Miller ist sich sicher, dass die Musik und die Fans bestehen bleiben. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Grateful Dead oder die Deadheads jemals aussterben.“