Eine Symphonie für Bochum

Konzert In seiner Heimatstadt sang Herbert Grönemeyer vor 28000 Fans. Damit unterstützt der Sänger den Bau des Konzerthauses.

Bochum. Es regnet in Strömen, als Herbert Grönemeyer umjubelt auf den Steg mitten im Publikum marschiert, sich mit seinen Fans nassregnen lässt und am dort aufgebauten Keyboard Platz nimmt. Mit seiner herzlich-direkten Ironie stimmt er "Leb in meiner Welt" an, wo es im Refrain heißt: "Ich hab’ Regen für uns bestellt". Grönemeyer zeigt gen Himmel und schmunzelt spitzbübisch in die Menge. 28000 Menschen jubeln dem Bochumer Sohn zu, und aus frierenden Zuschauern wird eine fröhlich-feiernde Grönemeyer-Familie, die den Regen vergessen hat.

Schon seit Monaten ist das Benefiz-Konzert "Ganz Bochum eine Symphonie" ausverkauft. Grönemeyer, der in Bochum aufgewachsen ist, unterstützt damit den geplanten Bau des Konzerthauses, der auch auf Privatspenden angewiesen ist. Die Bochumer Symphoniker (BoSys), die mit dem Haus erstmals seit 80 Jahren eine eigene Spielstätte bekommen sollen, spielten das einmalige Konzert am Samstag gemeinsam mit Grönemeyer im Bochumer Rewirpower-Stadion. "Ich bin hier groß geworden, die Stadt hat mir das gegeben, was ich heute hier vortrage", sagt Grönemeyer auf der Bühne. "Die Symphonie muss in Bochum gebaut werden, auch wenn die Zeiten schwierig sind. So was baut man für Generationen", kommentiert der Pop-Poet den aktuellen Rückschlag in den Planungen.

Doch wer einen leisen und nachdenklichen Herbert Grönemeyer erwartet hat, der den Symphonikern das Feld überlässt, wird am Samstagabend enttäuscht. Bei lauten Klassikern wie "Männer", "Vollmond" und "Was soll das" übernimmt Grönemeyers Band das Ruder und den Symphonikern bleibt nicht mehr zu tun, als begeistert mitzuklatschen. Schmuse-Nummern wie "Halt mich" und "Der Weg" machen allerdings mit den Bochumer Symphonikern im Hintergrund noch mehr Gänsehaut als bei anderen Grönemeyer-Konzerten.

Der 53-Jährige Sänger scheint allerdings stets zu befürchten, dass die Stimmung während des dreistündigen Konzerts zu getragen werden könnte. Er baut deshalb wohldosierte Lacher ein, die sich mal auf seine nicht zu übersehende Gewichtszunahme beziehen ("Ich besteche nicht optisch, aber ich glaube, stimmlich bin ich hinreißend!") und mal auf das eher langweilige Duett, das er gemeinsam mit Generalmusikdirektor Steven Sloane singt ("Und? Sollen wir nochmal? Nein, Ihr habt recht. Man muss mit Delikatessen vorsichtig umgehen.")

Kleine Patzer gehören dazu: An diesem Abend, den Grönemeyer mit den Symphonikern vier Tage am Stück vorbereitet hat, geht einiges schief: Das Keyboard brummt, die Leinwände geben zeitweise den Geist auf, Grönemeyer hat einige Textpatzer, und bei seiner neuen Single "Glück", die er zum ersten Mal live spielt, verpasst er den Einsatz und muss noch mal neu ansetzen. Grönemeyer kommentiert das mit dem ihm eigenen Humor. "Egal, es geht ja hier auch um die Sache!"

Seinen Fans kommt er damit nur noch näher. Sie jubeln, machen La-Ola-Wellen und stimmen seine Lieder auch schon mal ohne ihn an. So mag es der Künstler. Nach gelungenen Titeln macht er die Boris-Becker-Faust, spritzt das Wasser aus Regenpfützen auf dem Steg in die Menge und lächelt wie ein glücklicher Junge.

Bei seiner Hymne an die Stadt, "Bochum", ist dann kein Halten mehr. Er spielt sie gleich zweimal, das ist im Rewirpower-Stadion Tradition. VfL-Fahnen werden geschwenkt, Schals in die Höhe gehalten, und es scheint keinen unter den 28000 zu geben, der nicht laut mitsingt. Mission erfüllt: Ganz Bochum eine Symphonie