Elton John: Schrille Reise nach Las Vegas
Pop-Ikone Elton John blickt in der Kölnarena bei seiner Show „The Red Piano“ sehr selbstzufrieden auf sein Leben zurück.
Köln. Schon der Auftritt des roten Pianos lässt die 10 000 Fans in der Kölnarena die Dimensionen der Show erahnen, die seit vier Jahren in Las Vegas durchgängig ausverkauft ist. 20 Helfer in weißen Overalls enthüllen feierlich das Instrument, das auf einem leuchtenden Stern platziert ist.
Wenig später erstrahlt eine monumentale Leuchtreklame mit den fünf Buchstaben E-L-T-O-N über der auf Hochglanz polierten Bühne.
Der Mann, der sich derart pompös in Szene setzt, tritt mit den Siegerposen eines Boxers ins Rampenlicht und erntet, bevor er einen einzigen Ton gespielt hat, bereits Standing Ovations.
Was nun folgt, ist eine so aufwendige wie auch schrille Inszenierung des Lebens von Sir Elton John, der im schwarz-bunten Gehrock am Piano Platz nimmt. Rot ist dieses, wie der Meister erklärt, weil es in der Show vor allem um Liebe geht - Liebe als Leidenschaft, Liebe zu den Fans und vor allem die Liebe gegenüber der eigenen Person.
Sie lassen den Zuschauer schmunzeln, wenn der junge, schlanke Elton beispielsweise seine ersten Brillenkunstwerke auf die Nase setzt. Sie verstören aber auch mit irrealen Selbstmordszenen zu "Someone saved my life tonight", bei denen der Star sein Leben mit dem Kopf im Gasofen beenden will und von einem schwulen Engel gerettet wird.
Um die Suche nach Vertrautheit und Privatatmosphäre geht es bei "Rocket Man", dem mit Abstand besten Film des Abends. Auf den Bildern erscheint der junge Elton John gespielt von Justin Timberlake, während der alte Musiker mit aller Gewalt in die Tasten seines Pianos haut. Zu sehen sind Edelfans und Pressefotografen genau so wie dekadente Partys mit reichlich nackter Haut.
Die gibt es auch bei den aufblasbaren Bühnenelementen zu bestaunen, wenn beispielsweise die Beine einer Stripperin bei "The Bitch ist back" sich haushoch vor der Videowand auftürmen und Pamela Anderson bei ihrem lasziven Tanz an der Stange unterstützen.
Elton John selbst scheint das schrille Treiben der Spielerstadt Las Vegas, das er für einen Abend mit nach Köln gebracht hat, zu genießen. Selbstzufrieden lässt sich der Sänger nach jedem Stück von seiner treuen Gefolgschaft feiern.
Diese bekommt musikalisch eine "Best of"-Revue serviert, die mit dem Klassiker "Bennie and the Jets" beginnt und auch die großen Hits wie "I’m still standing", "Tiny Dancer" oder "Don’t let the Sun go down on me" nicht ausspart.
Vom gut gelaunten Elton John erfährt das Publikum, dass er einst beim Schreiben von "Daniel" ausgerechnet die Zeilen herausgekürzt hat, die wichtig waren, um das erfolgreiche Lied zu verstehen. Überhaupt scheint der englische Sir mit seinem Werk sehr zufrieden zu sein.
Dass er darauf auch ein Recht hat, zeigen die Songs wie "Your Song" oder "Candle in the Wind", bei denen er alleine am Piano sitzt. Nur dann kommt die intensive Stimme und das perfekte Spiel an den Tasten richtig zur Geltung, weil diese nicht vom lauten Soundteppich der Band an die Wand gedrückt werden.
Zum Abschluss gibt es vom großen Star zwar keine Zugabe, dafür dürfen die Fans der ersten Reihen zum roten Piano strömen und ein Stück Popgeschichte mit den eigenen Händen anfassen.