Freu dich, du warst beim Heavy-Metal-Festival in Wacken

Wacken (dpa) - Ob die Kühe von Wacken das Heavy-Metal-Festival als Urlaub empfinden, ist nicht bekannt - mehr als 75 000 „Metalheads“ sind jedenfalls froh, dass sie sich auf der gigantischen Weide austoben können.

Ende der wohl größten Headbanger-Party der Welt: Irgendwann in der Nacht zum Sonntag. Wenn Wacken nun wieder von der „Metal-Town“ zum 1800-Einwohner-Dorf zurückschrumpft, bleibt vom 24. Wacken Open Air mehr übrig als ein paar platt getrampelte Wiesen: Erinnerungen an eine große Show von Rammstein, großen Spaß beim Zelten und große Hitze. Und an Heino.

„Also ich hätte auf Heino ja verzichten können“, bekennt Tim Raumer. Als der 74 Jahre alte Heino im roten Mantel zum gemeinsamen Auftritt mit Rammstein schritt, war Raumer Teil des schwarzen Menschenmeeres vor der Bühne. Rammstein zieht die Massen an. Und Heino? Nun ja.„"Sonne" ist so ein gutes Lied von Rammstein“, hadert Raumer, der schon für die nächste Band ansteht. Er ist mit seiner Einschätzung in Wacken nicht alleine, Applaus gibt es dennoch. Die Show ist ja gut und allzu verbissen nehmen es die Metal-Fans mit ihrer Lieblingsmusik nicht. Auch wenn viele in Wacken T-Shirts von oft eher unbekannten Bands tragen. Natürlich immer in schwarz.

Schwarz ist auch die Farbe, die das Dorf Wacken zur Festivalzeit überzieht. Nahezu in jedem Vorgarten baumelt eine dunkle Flagge. Die Einwohner klagen in der Regel nicht über die Horde, die Jahr für Jahr über ihr Dorf herfällt. „Freu Dich, Du bist in Wacken“ ist auf einem Banner zu lesen. Der Metal-Tross hat die rund 1800 Wackener zu kleinen Unternehmern werden lassen. Vor dem Supermarkt stehen Elfjährige bereit, um gegen kleines Taschengeld im Tretauto Bierpaletten zum Campingplatz zu ziehen. Kundschaft gibt es genügend. Das Kaufverhalten im Dorf-Supermarkt ähnelt Szenen eines Katastrophenfilms, nur mit mehr Bier und Grillkohle.

Wer es bis auf das 220 Hektar große Festivalgelände schafft, erlebt 2013 das Schaulaufen der Altrocker. Deep Purple spielen „Smoke on the Water“, Schockrocker Alice Cooper steht im Programm. Und natürlich Motörhead, auch wenn die nur eine halbe Stunde lang ihren treibenden Hardrock zeigen. Frontmann Lemmy Kilmister muss sich schonen. Wacken auszulassen kam für den 67-Jährigen aber offenbar nicht infrage.

Schonung ist in Wacken nicht an der Tagesordnung. Ohr, Haut und Magen werden auf die Belastungsprobe gestellt. „Man sollte früh kommen, um sich an die Atmosphäre zu gewöhnen“, rät Besucher Robin Rickert. „Und an den Pegel“, schiebt er nach und blickt rüber zu seinem Kumpel Tim, genannt „Trompete“. Der schlägt gerade etwas ungestüm jeden Metal-Fan mit seiner kräftigen Pranke ab.

Das Wacken Open Air ist als skurril verschrien und sendet Jahr für Jahr Bilder mit absurden Outfits und Szenen aus der norddeutschen Provinz in die weite Welt. Die fast schon berühmten Schlammschlachten gehören in diesem Jahr bis zum Abschlussabend nur selten dazu, der Hochsommer verhindert es. Vielleicht ja wieder 2014. Dann wird das Wacken Open Air, das 1990 mit knapp 800 Gästen aus einer Bierlaune heraus begann, die 25. Ausgabe feiern. Im Sinne der Tradition wäre dann ein wenig Regen gar nicht schlecht.