Tribute für Folk-Legenden Kate McGarrigle und Nick Drake

Berlin (dpa) - Sie gelten als ewige Säulenheilige des Folk: Kate McGarrigle und Nick Drake. Die Kanadierin starb vor dreieinhalb Jahren, der Brite bereits 1974. Zwei ähnlich angelegte Tribute-Alben würdigen nun die sehr unterschiedlichen Karrierewege.

„Sing Me The Songs: Celebrating The Works Of Kate McGarrigle“ (Warner) umfasst auf zwei CDs 34 Lieder der Songwriterin (1946-2010), die im Duo mit ihrer Schwester Anna McGarrigle seit Mitte der 70er Jahre Berühmtheit erlangte. Es sind Live-Highlights der großartigen Konzerte, die die musikalische Großfamilie McGarrigle/Wainwright nach dem Krebstod der legendären Folk-Sängerin in London, New York und Toronto ausrichtete.

Logischerweise ließen sich die längst selbst weltberühmten McGarrigle-Kinder Rufus und Martha Wainwright eine Hauptrolle bei diesen Gedenkveranstaltungen nicht nehmen. In vielen Tribute-Liedern spielen und singen die beiden prominent mit, mal solo, dann wieder gemeinsam. Aber das ist noch längst nicht alles.

Denn die Liste der prominenten Mitstreiter bei den insgesamt vier Konzertabenden war wirklich atemberaubend: die weltweit gefeierte Folk-Jazz-Sängerin Norah Jones, Country-Ikone Emmylou Harris (im bewegenden Duett „I Eat Dinner“ mit Rufus Wainwright), der talentierte Folkpop-Songwriter und Rufus-Kumpel Teddy Thompson, seine Eltern Linda und Richard Thompson, die stimmgewaltige Afroamerikanerin Krystle Warren (grandios im Pianostück „I Don't Know“), der hochsensible Antony und viele viele mehr.

Das Doppelalbum mit Kate McGarrigles herrlichen Liedern zwischen klassischem Folk, Chanson, Singer/Songwriter, Gospel und Pop entstand unter der Aufsicht von Joe Boyd, der auch die Liveshows kuratierte. Boyd war schon Produzent wichtiger Werke McGarrigles, etwa beim selbstbetitelten Debüt des Schwestern-Duos (1975) und bei „Dancer With Bruised Knees“ (1977). Diese Verbindung über den Tod hinaus und jede einzelne Performance machen „Celebrating...“ zu einer herausragend intensiven, liebevollen Würdigung.

Dies gilt auch für das kurz zuvor erschienene Tribute-Album „Way To Blue - The Songs Of Nick Drake“ (Navigator/Rough Trade), bei dem ebenfalls Joe Boyd Regie führte. Er hatte vor über 40 Jahren schon die Studiosessions zu Drakes Platten „Five Leaves Left“ (1969) und „Bryter Layter“ (1970) beaufsichtigt. Diese wurden erst nach dem Tod des schüchternen Singer/Songwriters (1948-1974) durch eine Überdosis Antidepressiva als Folk-Meisterwerke erkannt und zählen heute zu den besten Alben aller Zeiten.

Boyd beschreibt in den Liner-Notes zu „Way To Blue“ anschaulich, nach welchen Kriterien er sich die Künstler aussuchte, die schließlich 2010 und 2011 an den Tribute-Konzerten in London und Melbourne teilnahmen. Er fand eine gemeinsame Band (unter anderem mit Drakes einstigem Kontrabassisten Danny Thompson), zu deren Song-Interpretationen verschiedene Sänger und Sängerinnen auftraten. Ähnlich wie die Ehrung Kate McGarrigles, sind diese Live-Aufnahmen an Sensibilität und Noblesse nicht zu überbieten.

Teddy Thompson und Krystle Warren waren auch beim Drake-Tribute dabei, ansonsten sangen bei diesen Konzerten unter anderem Green Gartside (Scritti Politti), Robyn Hitchcock und Lisa Hannigan. Alle Teilnehmer erfüllten Boyds Vorgabe, die edlen Drake-Kompositionen nachzuempfinden, aber nicht einfach zu kopieren. Deshalb klingt keine der hier versammelten Stimmen wirklich nach Nick Drake, andererseits weicht auch kein Künstler allzu weit vom bewährten Folk-Jazz-Weg ab. Ein mustergültiges Projekt, bei dem unvergleichlich schöne Songs wie „River Man“, „Poor Boy“ oder „Pink Moon“ aufs Neue im angemessenen Glanz erstrahlen.