Hilary Hahn: "Tschaikowsky kann sehr elegant klingen"
Die amerikanische Stargeigerin Hilary Hahn über Tschaikowskys Violinkonzert, Musikinterpretationen und wie man junge Leute für die Klassik begeistern kann.
Die noch junge, aber schon international bekannte amerikanische Geigerin Hilary Hahn befindet sich mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra auf Tournee. Hahn spielt eines der ganz großen Violinkonzerte der musikalischen Weltliteratur: das von Tschaikowsky. Am Donnerstag, 30. Oktober, macht sie Station in der Düsseldorfer Tonhalle.
Frau Hahn, wie würden Sie ihre Beziehung zum Tschaikowsky-Konzert beschreiben?
Hilary Hahn: Ich empfinde die Musik als sowohl sehr emotional als auch sehr klassisch. Das Hochexpressive ist nur die eine Seite. Daher widme ich der klassischen Schönheit und den lyrischen Momenten eine besonders starke Aufmerksamkeit.
Sie haben schon viel exotischere Werke gespielt. Mit dem berühmten Tschaikowsky-Konzert fange Sie verblüffend spät an.
Ich spielte es schon, als ich 14 war, aber danach habe ich es sehr lange nicht mehr gehört. Ich finde es sehr interessant, mich wieder damit zu beschäftigen. Und ich merke, dass ich das Stück noch immer gut in den Händen habe.
Ihr Geigenton wirkt immer sehr pur und fein, doch bei Tschaikowsky kommen auch Schroffheiten vor. Wie werden Sie nun da heran gehen?
Ich finde nicht, dass das Tschaikowsky-Konzert so schroff ist. Es kann auch sehr elegant sein, gefühlvoll und persönlich. Bei zu expressiven Darbietungen kann es passieren, dass das Publikum vor lauter Interpretation das eigentliche Stück und seine Klangsprache gar nicht mehr wahrnimmt und sie selbst interpretieren kann. Das Werk darf weder zu streng noch zu weich gespielt werden. Es ist eine Gratwanderung zwischen den Extremen.
Sie spielen auf einer Violine von Vuillaume, einem klanglich sehr geradlinigen Instrument. Das richtige für Tschaikowsky?
Ja, unbedingt. Denn jede Musik funktioniert auf diesem Instrument. Ich spiele alles darauf seit ich 14 bin, ob im Konzertsaal oder im Aufnahmestudio.
Apropos Aufnahmestudio: Was sind Ihre nächsten CD-Projekte?
Zunächst nehme ich das Tschaikowsky-Konzert mit dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra auf. Danach folgt eine CD-Aufnahme von Arien aus Bach-Kantaten gemeinsam mit den Sängern Christine Schäfer und Matthias Goerne.
Sie haben einmal an einem CD-Projekt für Kinder teilgenommen. Was ist Ihrer Meinung nach der geeignete Weg, junge Menschen für klassische Musik zu begeistern?
Das kommt auf die jeweilige Person, das jeweilige Kind an. Man weiß nicht, was immer wirkt. Daher muss man jungen Leuten so viele verschiedene Wege wie möglich anbieten. Filme oder Geschichten über Musik können ein guter Anfang sein.
Was unternehmen Sie eigentlich gerne in Ihrer Freizeit?
Ich liebe es, in der Natur zu sein, besteige gerne Berge und wandere - wenn mir die Zeit bleibt. Lerne gerne auf Reisen fremde Plätze, Menschen, Pflanzen und Tiere kennen. Manchmal schreibe ich Artikel für mein eigenes Online-Magazin oder lese Bücher. Gerne würde ich häufiger Konzerte meiner Kollegen besuchen, doch die treten natürlich meist zu den Zeitpunkten auf, zu denen ich selber Konzerte gebe.