Tomte: Auf dem Weg zum dritten Song
Für viele ist Tomte keine Band, sondern das Solo-Projekt von Thees Uhlmann. Dass er für das neue Album seine Gruppe neu aufstellen musste, verstärkt den Eindruck. Ein Gespräch.
Düsseldorf. Müde sieht er aus, ein wenig blass um die Nase. Schnell nimmt er noch einen Hub aus einem kleinen Behälter, der wie ein Asthmaspray aussieht. Die Frage "Wie geht’s" erübrigt sich. "Ich habe eine dicke Mandel und Kreislaufprobleme." Im Prinzip kein großes Problem, doch wenn ihn in zweieinhalb Stunden über 1000 Menschen singen hören wollen - dann schon.
Der angeschlagene blonde Mann ist Thees Uhlmann. Und Thees Uhlmann ist Tomte, die Band aus dem hohen Norden, aus Hemmoor bei Cuxhaven. Thees ist der einzige, der noch von der Ur-Formation übrig blieb. Tomte hat sich neu formieren müssen. Schlagzeuger Timo Bodenstein stieg "aus familiären Gründen" aus, Bassist Olli Koch hat chronische Beschwerden an der Hand. Es schien das Aus für die Band.
Von wegen. Schnell war Ersatz gefunden. Der ehemalige Tomte-Keyborder Max Schröder ("Der Hund Marie") wird zum Drummer, ein eingefleischter Fan, Simon Frontzek, ist jetzt Pianist. Die Zusammenarbeit hat auf Anhieb geklappt, "die Chemie hat gestimmt - weil wir Männer sind", betont der 34-Jährige lachend.
Das Resultat: Ein neues, das fünfte Tomte-Album namens "Heureka". Der Titel stammt von Kumpel Olli Schulz. "Wir wollten nach dem letzten Album ’Buchstaben über der Stadt’ mal was Kurzes oder was Dummes oder was Unpathetisches."
Uhlmann polarisiert. Viele lieben seine unkomplizierte Art, seine deutschen Texte. Sie sind oft poetisch, metaphorisch, sie schreien einen an und lassen Tränen kullern. Andere wiederum mögen diese Selbstdarstellung nicht, sie sind von Uhlmann genervt, bezeichnen ihn als "Dummschwätzer" oder schreiben in Foren Sätze wie: "Tomte ist doch keine Band. Das ist ein Künstler mit Begleitmusikern." Vor allem den Vorwurf, dass er als "Uhlmann und Band" firmieren sollte, negiert der Sänger. "Das ist doch Quatsch. Wir haben die Songs zusammen geschrieben, vielleicht ist die Platte mehr Tomte geworden als jede andere."
Zurzeit sind die Jungs viel unterwegs. Eine kleine Akustik-Tour geht zu Ende, zahlreiche Live-Termine folgen. Die Crew lebt und fährt dann in einem Nightliner wegen der oft langen Strecken, "was vor allem eine Kostenfrage ist". Thees Uhlmann schwärmt: "Es ist ein unschlagbares Gefühl, nach einem guten Konzert mit dem Bus in die Nacht zu fahren." Für ihn ist es kein Problem, dort zu schlafen, das kann er überall, vor allem im Flugzeug: "Ich habe ja die Theorie, dass da was in der Luft ist, was einen müde macht." Entspannen nach langen harten Tagen braucht er nicht. "Ich jogge."
Und er hört viel Musik, zumal er mit seinen Kollegen von Kettcar, Marcus Wiebusch und Reimer Bustorff, ein eigenes Label führt, das "Grand Hotel van Cleef": "Die Band Why? kickt mich zur Zeit, ich höre auch Dendemann und Kool Savas." Und wohin geht’s mit der deutschen Musik, zumal er ja viele deutsche Künstler unter Vertrag hat? "Das kann man nicht genau sagen. Nichts ist so unvorhersehbar wie das, worauf sich die Käufer dann stürzen könnten. Punk hätte man ja so auch nicht erfinden können. Vielleicht geht’s wieder zurück zum Song, aber das erst in vier oder fünf Jahren."
Ein Fan schrieb im Internet: "Bei Tomte knutschen, das ist der Bringer!" Thees lacht, zeigt seine Zahnlücke. "Das ist ein Riesenkompliment. Ich hatte mal eine Freundin, mit der ich zu Slayer geknutscht habe, das fand ich auch ziemlich super." Aber seine eigene Musik "sollte man nur hören um zu überprüfen, ob es gut ist, was man macht. Sven Regener hat mal gesagt: ,Eine gute Band hat einen Song, eine richtig gute Band hat zwei Songs, und eine spitzenmäßige Band hat drei Songs.’ Es kann sein, dass wir aufgrund der Umstellung auf dem Weg sind, uns den dritten Song zu erkämpfen."